Fitz-Premiere: "...des Glückes Unterpfand" über Ulrike Meinhof
erschienen am 14.05.2005 von nie bei Stuttgarter Zeitung
Die RAF ist Teil der Popkultur geworden, T-Shirts mit dem Aufdruck "Prada Meinhof" zieren hippe Menschen, der Spielfilm "Baader" stellt den Titelhelden Andreas Baader mit Popstar-Qualitäten dar, und die laufende "RAF-Ausstellung" in den Berliner Kunstwerken wird vorwiegend von einem jungen Publikum besucht. Dies mag zwar der Materialtheaterspielerin Antje Töpfer und ihrem Stück "Ödes Glückes Unterpfand", das jetzt im Figurentheater Fitz zu sehen ist, einige Zuschauer bescheren, doch ihr intensives Stück ist keinesfalls Pop. Töpfer hat zusammen mit der Regisseurin Iris Meinhardt die Zeit, in der sich Ulrike Meinhof in Isolationshaft befand, bearbeitet, sie zeigt eine kämpferische und zugleich zerbrechliche Frau.
Auf der kargen Bühne, mal in flackerndes Neon, mal in warmes Licht getaucht, setzt sich ein vielschichtiges Bild Ulrike Meinhofs zusammen. Antje Töpfer agiert allein mit Lautsprechern, die nicht nur zur Tonübertragung dienen, sondern denen sie ein Eigenleben einhaucht und auf diese Weise starke, beklemmende Bilder herstellt. So wird ein Lautsprecher, aus dem revolutionäre Texte Meinhofs schallen, vor den Mund gehalten zum Bild des Sprachrohrs, das die Exjournalistin zu ihrer Zeit war. Oder die Lautsprecher werden zur Bedrohung, und dies, weil sie sich an Schnüren auf und ab bewegen, auch zu einer körperlichen. Etwa in der Sequenz, in der die Verfügung, Ulrike Meinhof müsse sich zwangsweise auf psychische Krankheiten untersuchen lassen, zu hören ist. Texte, die während der Isolationshaft entstanden sind, spricht Antje Töpfer in liegenden Posen durch ein Mikrofon, das sie sich auf den Körper legt, wodurch eine starke Intimität entsteht. ".des Glückes Unterpfand" ist ein interessantes Stück Materialtheater, das ein Bild des Menschen Ulrike Meinhof zeichnet, ohne ihre politischen Aktionen zu bewerten.