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Am Anfang war das Loch

Melanie Florschütz und Michael Döhnert erforschen im Fitz Phänomene der Abwesenheit

erschienen am 19.10.2015 von Brigitte Jähnigen bei Stuttgarter Nachrichten

Ein gigantisches Schwarzes Loch haben Astronomen kürzlich entdeckt. 12,8 Millionen Lichtjahre entfernt, gibt es den Forschern Rätsel auf, die so einfach nicht zu lösen sind. Was bleibt, sind Spekulationen und die Anziehung, die solche Phänomene erzeugen.

Wie geht das? Was ist passiert? Sind das wirklich Löcher? Solche Fragen stellen auch kleine Zuschauer am Wochenende im Stuttgarter Zentrum für Figurentheater (Fitz), wo sie Melanie Florschütz und Michael Döhnert in ihrem Stück 'Ein Loch ist meistens rund' auf eine Expedition ins Reich der Fantasie mitnehmen. Sie beginnt mit runden Schatten, die über drei weißen Bühnenwände wandern, erzeugt durch eine elektrische Lampe mit runder Grundfläche.

Fast ohne Worte zaubern die beiden Figurenspieler Löcher in Boden und Wände, lassen sie verschwinden und wieder auftauchen. Sie stochern mit Teleskopstangen in imaginären Löchern, erforschen zu leiser Musik oder schönen Soundcollagen das Phänomen Loch. Durch akustisch verstärkte und durch Halleffekt veränderte Geräusche wie das Tropfen von Wasser und Rufe durch eine Flüstertüte in einen imaginären Schacht hinein, wird die Verwandlung zweidimensionaler Objekte in dreidimensionale Körper suggeriert.

Magisch auch das Riesenloch am Ende eines textilen Brunnenschachts, in dem Melanie Florschütz scheinbar im Untergrund verschwindet. Die Fantasie im jetzt dunklen Raum lässt das Bild von einer Tropfsteinhöhle entstehen, in der sich die Spielerin ängstlich umschaut. Und dann hat sie plötzlich ein Loch im Arm, und pfeifend entweicht ihrem Mund Atem wie Luft aus einem defekten Ballon. Ein Pflaster hilft und wird in größerer Dimension auch bei einem Bodenloch wirksam.

Die Behauptung des Ensembles, dass ein Loch meistens, aber nicht immer rund ist, wird durch Löcher in weiteren geometrischen Formen verstärkt. Wie zwei Verschworene wispern Florschütz und Döhnert, bauen ein Haus, lassen es klingeln, sprechen in einen abstrakten Telefonhörer, bauen eine Überraschung nach der anderen auf und wieder ab. Es ist das Überraschende, das ihr Spiel mit wenigen Mitteln spannend macht.

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