Menü

Das Gespaltene Leben der Monroe

'Wahnsinnsfrauen' am Puppentheater Magdeburg

erschienen am 21.11.2005 von Dr. Herbert Henning bei Magdeburger Volksstimme

Magdeburg. Mit „Meine Schwester Marilyn – Auf der Suche nach Norma Jeane“ setzt das Magdeburger Puppentheater seine Reihe „Wahnsinnsfrauen“ fort. Im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Theaterperformance steht eine Frau, die schon zu Lebzeiten Mythos war und von der auch noch 43 Jahre nach ihrem mysteriösen Tod eine einzigartige Faszination ausgeht. Die Tragik ihres Lebens blieb ihr bis in den Tod treu. Sie wurde als ernsthafte Schauspielerin verkannt. Man reduzierte sie auf das „Sexsymbol“. Vom Pin-up-Star zur Legende. Das Leben von Norma Jeane Mortensen Baker, aus der Hollywood Marilyn Monroe machte, ist bis heute ein Rätsel. Das Stück „Meine Schwester Marilyn“ als Koproduktion des „wonderfool theaters tübingen“ mit dem Puppentheater Magdeburg und dem FITZ! (Zentrum für Figurentheater Stuttgart) ist eine theatralische Annäherung an das widerspruchsvolle Leben von Norma Jeane.

Die fantasievolle Inszenierung von Vanessa Valk ist ein Psychogramm des „gespaltenen“ Lebens einer Frau, die zeitlebens auf der Suche nach ihrer Identität war. In diesem Stück mit Christian Glötzner tritt Marilyn am Ende ihres Lebens als lebensgroße Puppe auf, die sich in einem fast zärtlichen Totentanz mit ihrem (fiktiven) Zwillingsbruder „Jean Mortensen“ wiegt und in seinen Armen stirbt. Dieser Zwillingsbruder erzählt auf der „Couch“ einer Psychoanalytikerin mit der Stimme aus dem Off in fantastischen Bildern von seinem schwierigen Leben mit Marilyn, die ein Teil von ihm ist und die er
immer in sich spürt, die ihn und sein Ich beherrscht, ihn verzweifeln und hoffen läßt. Während der behutsamen Befragung in Rollenspielen und anderen psychotherapeutischen Experimenten
verwischen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Wechselnde Bilder von Marilyn Monroes schönem Antlitz, auf Körper und Gesicht von Christian Glötzner projiziert, lassen die Berichte über das Leben der Norma Jeane als Kind, den Missbrauch durch den Pflegevater, ihre ersten Erfolge als Fotomodell, ihre Karriereanfänge in Hollywood, ihre Ehe mit Arthur Miller auf eine faszinierende Art und Weise authentisch werden.

Insgesamt werden mit 365 Bildern wie im Rausch immer wieder neue Assoziationen zu Marilyn Monroe hergestellt, Erinnerungen an ihre Filme. Zunehmend werden in einer Fiktion die Körper von „Jean Mortensen“ und seiner Schwester Marilyn eins. Die Aktfotografien mit dem Körper von Christian Glötzner in den berühmten Pin-up-Posen der Monroe machen diese paranoide Spaltung der Persönlichkeit, die Suche nach betäubender Nähe auf zutiefst berührende Art und Weise deutlich. Auch die verschiedenartig perspektivischen Projektionen einer nackten Puppe in diversen Sexposen auf den Körper von Christian Glötzner geben den Texten über Marilyn Monroe eine zusätzliche Authentizität, die bis an die Grenze des Zumutbaren geht. Ein Theater der Emotionen, ein fantastisches Theater über die „Wahnsinnsfrau“ Marilyn Monroe.

Betrifft: