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Den Krieg verhindern

Wunderschön umgesetzte und dargebotene Geschichte aus Fernost

erschienen am 16.03.2010 von bei Reutlinger Generalanzeiger

Dass Kindertheater in die Tonne gehört, machte der enorme Publikumsandrang am Sonntagnachmittag eindrucksvoll deutlich, als »Der Tigerprinz« Premiere feierte. Dass den vielen Kindern und ihren erwachsenen Begleitern auch noch zauberhaftes und kluges Theater in hoher Qualität geboten wurde, durfte als besonderer Glücksfall gelten. Zu Gast war die Figurenspielerin Anne-Kathrin Klatt mit der Uraufführung des von ihr für die Bühne bearbeiteten Bilderbuchs von Chen Jianghong. Regie führte Michael Miensopust.

Als Pekingoper-Trippeltänzerin im wattierten roten Mantel mit zwei Blechlampenschirmen als Musikinstrumente und einer hölzernen Fußklapper wandte sich Anne-Kathrin Klatt direkt an die Zuschauer, um die ururalte Geschichte von der vormals friedlichen Dschungelwelt zu erzählen, in die auf einmal die Gewalt einbricht, was sie mit einem Schattenspiel illustrierte: Jäger töten die Kinder der Tigerin und die rächt sich, indem sie das Menschendorf überfällt, worauf der König zum Krieg trommelt. Davor muss allerdings das Schicksal befragt werden, wofür die Erzählerin in die Rolle der alten, weisen Lao Lao schlüpft, die aus ihren Steinen herausliest, dass zur Abwendung des Kriegs der kleine Königssohn Wen an die Tigerin übergeben werden müsse.

Kleiner Prinz im Dschungel

Dieser Wen ist ein kecker kleiner (Holz-)Kerl, der sich der von Anne-Kathrin Klatt gespielten Tigerin furchtlos nähert und mit heller Stimme neugierige Fragen stellt, ihre riesigen Reißzähne bewundert und sich an ihr Fell schmiegt. Und wie der mit seinen kurzen Beinen flitzen kann! Die Kinder hingen dem sympathischen kleinen Naseweis förmlich an den Lippen, obgleich sein Text natürlich von der Tigerin gesprochen wurde. Sie konnten sich jedenfalls nahtlos mit ihm identifizieren bis hin zum gemaulten: »Mir ist langweilig«. Klar, dass ihn auch die Tigermama ins Herz schließen musste.

Als Wen zum Jüngling wird, ruft sein Vater erneut seine Soldaten zusammen und will ihn mit Waffengewalt von der Tigerin wegholen. Da zeigt auch Wen Einsicht und Vernunft und geht zurück, um zu lernen, was ein König können muss, nachdem er erfahren hatte, was im Dschungel wichtig ist.

Anne-Kathrin Klatt nutzt eine Fülle von Theatermitteln, um die märchenhaft exotische Welt der Legende sichtbar zu machen. Wesentlichen Anteil hat die Musik, zu der sie auch tanzt; einen Teil ihres Berichts singt sie, und durchgehend spricht sie dem Chinesischen entsprechend das R als L. Allerdings ist das weit entfernt vom Veralbern, wie überhaupt die ganze Aufführung zwar Witz hat, aber sich nicht über die Geschichte lustig macht.

Geeignet ist die Aufführung für Kinder ab fünf Jahren. Dass die Jüngeren, die wahrscheinlich nicht alles erfassen konnten, dennoch mucksmäuschenstill und gebannt zuschauten, spricht für die Erzähl- und Schauspielkunst von Anne-Kathrin Klatt.

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