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Der virtuelle Schnee knirscht

erschienen am 1349049600 von Adrienne Braun bei Stuttgarter Zeitung

Figurenspiel „R.O.O.M." im Stuttgarter Fitz ist ein spannendes Experiment mit Projektionen.
Es ist ein Albtraum. Die Frau lehnt sich an die Wand - doch die Mauer bricht und bröckelt. Sie macht einen Schritt, und der Boden löst sich auf. Sie springt von Fliese zu Fliese - gleich wird die Frau vom Nichts verschluckt werden. Doch es ist alles nur Licht und Schatten. Denn in „R.O.O.M", der neuen Produktion der Figurenspielerin Iris Meinhardt, sind sie, ein Tisch und ein zartes Gliederpüppchen das Einzige, was real, was greifbar ist. Trotzdem rieselt Schnee auf die Bühne und knirscht unter Füßen, knallen Türen und plätschert Wasser im altmodischen Waschbecken. Und als ein Glas umfällt, ergießt sich das weiße Licht über den Tisch, läuft hinunter, bildet am Boden eine Pfütze, aus der das Püppchen gierig trinkt.

Es ist ein spannendes Experiment, das Iris Meinhardt mit dem Regisseur Michael Krauss entwickelt hat und im Fitz unterm Tagblattturm zeigt. „R.O.O.M" ist technisch ausgeklügelt und perfekt umgesetzt, dabei aber nicht kühl, sondern der Abend besitzt Poesie und existenzielle Tiefe. Denn was macht diese Frau in dem leeren Zimmer, was macht das leere Zimmer mit der Frau? „Ist sie im Jenseits?", fragt eine Stimme aus dem Off. „Ist es ein Traum?" Wie von Geisterhand verändert sich der Raum, durch die schweren Holzfenster, die es doch gar nicht gibt, fällt das Scheinwerferlicht vorbeifahrender Autos, plötzlich steht die Frau auf einer Wiese oder im Wald. Manchmal scheint sie selbst die Manipulationen des Raumes zu initiieren. Da knäuelt sie das Tischtuch - und parallel wird auch der Raum um sie herum wie ein Papiermodell zusammengefaltet.

Ein gelungenes Spiel zwischen Realität und Virtualität, zwischen Materie und Immateriellem, mit interessanten Klängen von Thorsten Meinhardt unterlegt. Ein Experiment, das beweist, dass Neue Medien auf der Bühne nicht überflüssiger Schnickschnack sein müssen, sondern eine Bereicherung für das Theater bieten.

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