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Die Lust an Wandlung und Vernichtung

„Trickster" im Fitz bringt mit reifem Spiel so manche Erwartung des Zuschauers durcheinander

erschienen am 01.04.2017 von Arnim Bauer bei Ludwigsburger Kreiszeitung

Als Uraufführung zeigt das Fitz im Rahmen seines Nachwuchsfestivals Newz 17 die Produktion „Trickster" des jungen, aber schon mit dem Bochumer „Fritz" ausgezeichneten Absolventen des Stuttgarter Studiengangs Figurentheater Jan Jedenak. Trickster im Englischen steht für Gauner, Betrüger und Schwindler, vor allem werden Figuren in der Mythologie oder Literatur so genannt, die mit Hilfe von Tricks die Ordnung im oftmals göttlichen Universum durcheinanderbringen. Insofern schon ist der Titel gut gewählt, denn auch Jedenak wirbelt so manches auf, schafft Chaos und Verwirrung. Wobei das Chaos letztlich doch wieder seine Ordnung hat. Wenn auch eine etwas ungewohnte, eine, die nicht den gängigen Erwartungen entsprechen will.

Begrüßt werden die Zuschauer von einer kleinen Handpuppe, der Jedenak eine kindlich-piepsige Stimme verleiht. Sie dürfen einen Brief öffnen, der unter jedem Sitz verteilt ist. Langsam findet man sich ein im besonderen Universum dieses Abends, der angefüllt ist mit Verwandlungsspielen, wenn Jedenak plötzlich janusköpfig doppelsinnig wird, wenn er zum Wolf mutiert oder andere Gestalten annimmt. Die pure Lust an der Verwandlung ist da spürbar. Aber auch die Zuschauer haben ihren Part. Neben der Lust an der Verwandlung ist nämlich auch eine merkwürdige Lust an der Zerstörung ein prägendes Element des Abends. Immer wieder werden Zuschauer aufgefordert, die Figuren zu zerstören, zu vernichten, ihre Widerstände dagegen auszuloten. Und so darf einer der Handpuppe den Kopf abhauen, einige andere probieren, mittels Mini-Armbrust eine Guillotine auszulösen, die den Wolfskopf abschlagen soll. Als das nicht funktioniert wird auch schon mal mit einem Schuh geworfen. Und immer wieder kommt aus dem Zerstörten eine neue Figur hervor.

Doppelbödig, doppelgesichtig, doppelköpfig lebt Jedenak die Lust an der Verwandlung aus und lotet gleichzeitig auch einmal mehr die Möglichkeiten des Figuren* und Puppentheaters aus. Er erzählt zwar so manche kleine Geschichte, aber er will keine große Geschichte erzählen, sondern reiht Szenen aneinander. Die Puppen und Masken sind ausgereift, sehr vielfältig und bergen immer wieder Überraschungen. Ein Gaukler, ja doch, ein Trickster, der sehr wohl und sehr gekonnt, an Ordnungen rüttelt, sich ständig verpuppt, ohne das es ein Schlüpfen aus dieser Verpuppung braucht, um einen skurrilen, komischen, spaßigen aber auch tiefgründigen Abend zu erleben.

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