erschienen am 20.09.2013 von Adrienne Braun bei Stuttgarter Zeitung
Die Puppe ist wieder da! Lange galt es als altmodisch und verstaubt, niedliche Figürchen auf die Bühne zu bringen. Schließlich lassen sich auch Steine und Lehmklumpen, Holzlatten und Kleiderbügel zum Leben erwecken. Im Figurentheater Fitz zeichnet sich seit einiger Zeit aber ein neuer Trend ab: Auch die experimentierfreudigsten Figurenspieler wenden sich wieder der Puppe zu - „und es wird vom Publikum ausgesprochen gou-tiert", sagt Christian Bollow, der am Fitz für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Im Kinderprogramm war die Puppe schon immer Herrscherin", sagt Bollow, „jetzt taucht sie auch im Abendprogramm auf."
So bewegt sich auch in der kleinen, aber feinen Sparte Figurentheater einiges. Am kommenden Donnerstag startet in dem Theater unter dem Tagblattturm die neue Spielzeit mit einer Premiere. „Ach, Wald" ist eine sehr freie Wiederauflage des berühmten Detektivromans „Der Hund von Baskerville", in dem Sherlock Holmes einer wilden Bestie nachspürt. Die Stuttgarterin Stefanie Oberhoff und der Wiener Theaterkünstler Christoph Bochdansky haben den Stoff in eine Art Zauberwald verlegt, in dem Nymphe und Faun sich amüsieren über das aufgeregte und oft alberne Treiben der Menschen, über ihre Bosheiten, über Gier und Moral.
Ein Wiedersehen mit alten Bekannten
Das Fitz hat aber nicht nur nach Wien gute Kontakte. „Unser großes Thema ist Vernetzung", sagt Katja Spiess, die das Fitz leitet. Sie ist überzeugt davon, dass Vernetzung nur funktioniert, wenn man über Inhalte zusammenkommt und es keine bloße „Produzentenzweckgemeinschaft" ist. So verbindet das Fitz mit dem Figurentheater Wilde & Vogel eine lange Geschichte. Charlotte Wilde und Michael Vogel waren viele Jahre in Stuttgart ansässig, vor zehn Jahren gründeten sie in Leipzig eine Bühne, den Lindenfels Westflügel. Das Fitz bringt in der nächsten Saison gleich mehrere Produktionen gemeinsam mit den Leipziger Kollegen heraus - darunter „Makariens Archiv", ein Stück mit Wilde & Vogel und Figurenspielern aus St. Petersburg.
Die Kontakte des Fitz reichen sogar bis nach Kinshasa, in das kongolesische Kulturzentrum Espace Masolo. Dort kümmern sich unter anderem europäische Künstler um ehemalige Kindersoldaten, bringen ihnen Puppenspiel und Musikinstrumente bei, damit sich die Kinder ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Einige der jungen Künstler kommen nun mit dem Gastspiel „Wir sind Partei" nach Deutschland und werden am 5. und 6. Oktober auch in Stuttgart Station machen. In dem Stück geht es um das Elend in dem an sich so reichen Land Kongo - und wie die Kinder und Jugendlichen ihre Heimat erleben.
Dem Figurentheater ist es aber auch gelungen, einen der Großmeister des Figurentheaters nach Stuttgart zu holen: Eric Bass. Der Amerikaner hat in den achtziger Jahren Figurentheatergeschichte geschrieben mit seinem Stück „Herbstporträts", in dem es um das Alter ging. Nun hat Bass den Meilenstein des Figurenspiels noch einmal ins Programm genommen und geht damit auf Deutschlandtournee. Am 16. und 17. Oktober ist er in Stuttgart.
Neben diesen Gastspielen, vier Premieren für Kinder und fünf neuen Erwachsenenstücken wird das Fitz auch wieder dasFestival „Imagínale" veranstalten und vom 6. bis 16. Februar 2014 herausragendes Figurentheater aus aller Welt zeigen. Mit diesem breiten Angebot will das Theater den Erfolg der vergangenen Spielzeit fortsetzen. Auf die letzte Saison schaue das Fitz „einigermaßen stolz zurück", wie es Christian Bollow nennt. So hat das Theater mehr als dreihundert Vorstellungen gespielt und insgesamt eine Platzauslastung von 76 Prozent erreicht.
Gelungene Kooperationen
Diesen Erfolg verdankt das Fitz auch dem Festival „Imaginierte Stadt", das es gemeinsam mit dem Studiengang Figurentheater an der Musikhochschule veranstaltet hat. „Der Kontakt war wirklich hervorragend", sagt Katja Spiess, „die Studenten waren so professionell engagiert, dass ich nur sagen kann: Hut ab!" Auch die Performances im öffentlichen Raum seien eine wichtige Erweiterung ihres Angebots gewesen. „Es ist erstaunlich, was es an Resonanz gab, an Gesprächen und Kontakten", so Spiess, „das war ein Glücksfall."