Menü

Ein leises Festival mit starker Wirkung

erschienen am 14.03.2017 von Arnim Bauer bei Ludwigsburger Kreiszeitung

Fast durch die Hintertür, ohne den sonst oft üblichen werbenden Lärm, hat sich in Stuttgart ein Theaterfestival etabliert, das sehr viel Beachtung verdient, auch weil es beispielhaft ist für eine gekonnte Förderung und Forderung des Nachwuchses. Die Rede ist vom „Newz“-Festival des Zentrums für Figurentheater Fitz. Das Haus von Intendantin Katja Spiess hat dieses Format entwickelt, um jungen Hochschulabsolventen – vornehmlich, aber nicht nur – des Stuttgarter Studiengangs Figurentheater, die Möglichkeit einer ersten Produktion und das Sich-Messen mit anderen vor einem sachkundigen Publikum zu ermöglichen. Dazu gibt es das Newz dann alle zwei Jahre. Bemerkenswert ist auch, dass man sich nicht an ein festgefügtes Format klammert, sondern sehr flexibel auf die sich wandelnden Gegebenheiten eingeht.

So ist das Festival in diesem Jahr kein singulärer Block über wenige Tage im Programm, sondern erstreckt sich mit sieben Uraufführungen, die eingebettet in das sonstige Programm des Fitz noch bis zum 13. Mai gezeigt werden. Neu auch die attraktiven „stark schmelzenden Festivalpreise“ die für den Zuschauer immer günstigere Eintrittspreise ermöglichen, je mehr Vorstellungen er sich anschaut.

Los ging es mit der Uraufführung von „Durch die Nacht mit“ von Hanna Malhas (Stuttgart) und Iris Keller (Lörrach), die beide ihr Studium in Stuttgart 2015 abgeschlossen haben. „Alles muss sich ändern“ haben Spiess und ihr Dramaturg Christian Bollow als Motto für das diesjährige Festival ausgegeben und da ist diese Arbeit sicher ein würdiger Auftakt.

Denn in der Tat ändert sich nirgends im Theaterwesen so vieles so rasch wie in der Sparte Figuren-, Material- und Objekttheater. Längst gibt es manchmal ebenso irrwitzige wie spannende Crossover-Projekte, kein anderes Genre bietet so viele Möglichkeiten zur Nuancierung wie dieser Bereich. Und so ist auch „Durch die Nacht mit“ eine Reise in neue Gefilde, formal ebenso wie inhaltlich.

Der Plot ist noch gut nachvollziehbar. In einem Studio zwischen Musikabspielgeräten, Telefonen, Mikrofonen, sowie allerlei Krimskrams sitzt Steve, der König der Radionacht, den alle anrufen können, der Held der schlaflosen Stunden, der mit jedem über alles plaudert. Aber wer ist dieser Steve? Was treibt ihn durch die Nacht, bis morgens die „Guten Morgen – Gute Laune“Moderatoren erscheinen. Und ihn erlösen? In einem klug durchdachten Spiel bekommen die Gegenstände um Steve immer mehr Bedeutung, Mandarinen dominieren zeitweilig das Treiben, die Person des Helden schrumpft. Eine Stimme aus dem Off erklärt, erläutert und erzählt, während Steve seine Hörer mit wohlfeilen Worten bedient, Stammhörer wie die schlaflose Oma Meyer ebenso wie Fremde, die man doch zu kennen glaubt. Und so entsteht ein fast schizoides Bild, ein Panoptikum zwischen alptraumhaften Sequenzen und der immer unwirklicher wirkenden Normalität.

Gleichzeitig erschließen Malhas (Spiel) und Keller (Regie) aber auch einmal mehr neue Dimensionen ihres Genres, nutzen die Chance, die ihnen dieses Festival bietet, um sich und neue Ideen auszuprobieren, das Genre in weiteren Dimensionen auszuloten.

INFO: Das Festival läuft noch bis zum 13. Mai. Weitere Infos gibt es unter www.fitz-stuttgart.de.

Betrifft: