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Es fehlt das Salz in der Suppe

Adriana Kocijan inszeniert Salt Stories im Figurentheater

erschienen am 12.11.2012 von Cornelius W. M. Oettle bei Stuttgarter Nachrichten

Ergotherapeutin Manuela lässt sich von Bernd scheiden und lernt den Snowboard-Lehrer Frank kennen. Er soll dem Publikum präsentiert werden, aber wo bleibt er? Frank muss erst noch zurechtgeschnitten werden. Wie die anderen ist auch er nur eine aus Pappe ausgeschnittene Silhouette eines menschlichen Körpers - sie erinnert an das Symbol auf der Herrentoilettentür. Die Eigentumswohnung des Paares ist ein aufgeklappter Koffer voller Salz, in dem die Pappmännchen stecken.
„Salt Stories" heißt das neue Stück im Figurentheater Fitz. Anne-Kathrin Klatt und Robert Atzlinger stellen in der Inszenierung von Adriana Kocijan das Teilen in den Mittelpunkt. Am Teilen kommt man im Leben halt nicht vorbei: Sorgerecht, Leid, Freude oder siamesische Zwillinge - irgendwas muss man früher oder später teilen. Mit den Pappfiguren gelingt eine von acht Annäherungen an das Thema.
Beeindruckend ist die Erzählung von den Geschwistern Colloredo, die von Geburt an oberhalb des Bauches zusammengewachsen sind. Klatt schnallt sich einen Puppenoberkörper auf den Bauch und spielt zur vorgelesenen Geschichte. Lehnt sie sich zurück, wirkt es, als stehe die glatzköpfige Puppe selbstständig und mannsgroß auf der Bühne. Später wälzen sie und ihr siamesischer Puppenbruder sich am Boden, wo mittlerweile kreuz und quer das Salz verstreut liegt. Richtig ergreifend ist das aber nur, wenn man das Salz unglücklicherweise ins Auge bekommt.
Fragen wirft Robert Atzlinger als Kleinkind auf, das von Erlebnissen im Spieland erzählt. Das bekannte Problem beim Spielen mit den Förmchen konfrontiert den Kleinen mit seiner Mutter, anderen Kindern und deren Eltern. Wo fängt Teilen an, wo hat.es seine Grenzen? Und was will dieses Kind uns eigentlich sagen? Neben den Pappausschnitten und den Glatzkopfguren stellen auch' noch kleine, salzhungrige Sandsäckchen ihre „Salt Stories" vor. Dann entlassen die Spieler die Zuschauer nach rund 80 Minuten leicht amüsiert und begrenzt nachdenklich. Es fehlt das Salz in der Suppe.

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