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Familienhistorie in der Dose

Figurentheater Wilde & Vogel haben im Fitz „Staub - Dust“ aufgeführt.

erschienen am 12.01.2019 von Brigitte Jähnigen bei StZN

Es ist wunderbar still. Eine Figur gleitet von einem schräg gehaltenen Faden zum nächsten und wieder nächsten. Und während Ari Teperberg das dünne Wesen lenkt und an Inbal Yomtovian weitergibt, befestigt Michael Vogel auf einer Bank weitere, mit übergroßen ­Händen bizarr geformte Figuren. Sie alle sind Protagonisten in diesem ungewöhnlichen Theaterstück, bei dem individuelle Geschichten aus Zeit und Raum ins Reich des gemeinsamen Erinnerns geführt ­werden.

Wie bin ich geworden, wer ich bin, wer sind die anderen, und wie lässt sich das verbinden? Die Fülle der Fragen beantworten Inbal Yomtovian, Charlotte Wilde, Ari Teperberg und Michael Vogel in „Staub – Dust“ (Regie Hendrik Mannes, Antonia Christl) durch biografisch inspirierte, oft ironisch gebrochene Anekdoten. Inbal Yomtovian badet stellvertretend für alle streng jüdischgläubigen Frauen, die im Untertauchen in einer Mikwe Reinheit erfahren, Michael Vogels linke Hand steckt in einer quietschbunten Tupperdose. Er führt durch das imaginäre Häuschen seiner Großeltern. Der Winzigkeit der Räume ­geschuldet, verdreht er seinen Körper auf absurde Art, überdreht phonetisch Vokale und Konsonanten. Ari Teperberg be­schleunigt bis zur Atemlosigkeit die ­Herkunftsgeschichte seiner Familie. Sie führt von Osteuropa bis Israel und von den Einzellern bis zum Urknall. Charlotte ­Wilde winkt ihrer Tochter mit der gleichen Geste, wie es ihre Mutter tat, wenn sie selbst das Haus verließ. Und immer sind es die Großeltern, die ihre Enkel prägten. In einer urkomischen Performance imitiert Ari Teperberg einen Gesangsvortrag seiner dementen Großmutter, der französische Chansons, ägyptische Volkslieder und das Lied aller jüdischen Lieder von der ­„Jiddischen Mamme“ einschließt. Kulturen mögen trennen, zärtliches Erinnern eint. Mit mehrstimmigem Singen von „All I have to do is dream“ oder dem rheinischen Volkslied vom blauen Blümelein bezaubert das Quartett sein Publikum.

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