Im Fitz ist das Festival "Remember me" eröffnet worden
erschienen am 05.05.2019 von Brigitte Jähnigen bei StZN
»Remember me« heißt ein Festival der Figurenspieler im Stuttgarter Figurentheater Fitz. Mit der Uraufführung von »Imprint« wurde der Zyklus von Erinnern und Vergessen jetzt eröffnet. Schon der Prolog gerät aufreizend langsam. Minutenlang blicken drei Schauspieler in schwarzer Kleidung ins Leere. Bedecken die Augen mit ihren Händen, schauen wieder. So, als sähen sie nicht das erwartungsvolle Publikum, das sich auf ihre Anwesenheit eingestellt hat. Doch »Imprint«, die aktuelle Produktion von Dokaltas Handwerk & Gäste, Stuttgart/Berlin/Köln (Initiator und künstlerischer Leiter Jan Jedenak), spielt in Slow-Motion-Szenen eine Versuchsanordnung zur Abwesenheit durch. Anne Brüssau, Gildas Coustier und Sonia Franken sind Zeremonienmeister ihres eigenen Verschwindens. Sie assoziieren beim Zuschauer Nahtoderfahrungen, tauchen ihre Köpfe in Wassergläser (»ich bin durchsichtig«), lösen ihre Individualität durch den Tausch von Masken aus, inszenieren eine Grablegung.
Eine verführerische Soundkomposition von Julian Siffert spielt mit Hörgewohnheiten. Immer wieder möchte der Zuhörer angespielte Fragmente klassischer Harmonien verfolgen, da drängt der nächste akustische Break. Es rauscht, Wasser rieselt, das »Klack« einer alten Kamera lässt aufhorchen ? »Imprint« ist von der Ästhetik alter Post-mortem-Fotografien inspiriert. Grelle Lichtblitze erinnern an eine Zeit, in der Menschen und Objekte mit Magnesium und Blitzlichtpulver fotografiert wurden. Ein Ohren und Augen betäubender Wirbel aus Wort, Bewegung, Sound und Licht führt ins Finale. Auch das aufreizend langsam. Großer Applaus für ein ungewöhnliches Experiment.