erschienen am 26.05.2013 von Isabell Steinböck bei Westfählische Nachrichten
Das Bühnenbild besteht aus einem kunstvollen Biotop von Schilf und rankendem Gewächs, an das sich Nymphe und Faun zärtlich schmiegen. Mit einem halb verwesten, menschlichen Leichnam befriedigen die beiden haarigen Gestalten ihre abartigsten Gelüste, wenn sie an roten Adern kauen, das Gedärm herausziehen oder einen Augapfel lutschen. Als das Licht angeht, puzzeln sie, vom Publikum ertappt, die Knochen Charles Baskervilles rasch wieder zusammen, bis er „fast wie neu“ ist. Nun ist es an der Frau des Butlers, Mrs. Barrymore, die Reste zu beseitigen. „Wenn ich diesen Hund erwische“, schnauft die kleine Handpuppe, die mit ihrer durchsichtigen Bluse und der ausladenden Oberweite wie eine Prostituierte wirkt, „der zerreißt mir alle Baskervilles!“
Unter der Regie von Marcel Keller gelingt eine skurrile, surreale Fassung des Kriminalstücks, die alptraumhafte Züge aufweist, aber auch immer wieder zum Schmunzeln einlädt. Bemerkenswert ist die kunstvoll gestaltete Bühne mit naturnahen Soundcollagen aus der sogenannten Klangrose und grotesken, fantastischen Figuren: Da wird eine mannshohe Pflanze lebendig und erzählt als „Augenzeuge“ die Geschichte des gottlosen Hugo von Baskerville, ein Naturforscher im Puppenformat entpuppt sich als eine Art Frankenstein, und eine skelettierte Moorleiche freut sich über ihre neue Funktion als Ausstellungsobjekt.
Anstelle des berühmten Hundes von Baskerville droht schließlich eine monströse, Fleisch fressende Pflanze, den letzten Baskerville (Sir Henry) und seine geliebte Beryl zu verschlingen. Sherlock Holmes’ Kollege, Dr. Watson, rettet die junge Frau, Sir Henry kann schließlich sehen, wo er bleibt – einer von vielen Momenten, in denen das Theaterstück wie eine Persiflage auf das Krimi-Genre wirkt. Alles in allem eine Produktion, die vor allem durch ihre eigenwillige Ästhetik für sich einnimmt – Objekttheater für Erwachsene sieht man schließlich nicht alle Tage.