erschienen am 4.3.05 von mwm bei Reutlinger Generalanzeiger
Der Satz aus dem Mund von Bertil am Schluss bewegt: "Weißt du was Mama, eigentlich habe ich es ganz gut hier." Dabei sah es vor zwei Tagen im Leben des Jungen alles noch ganz anders aus.
Das von Ines Müller-Braunschweig im LTT als Gastspiel aufgeführte Stück "Nils Karlsson-Däumling" (Regie: Margrit Gysin) nach einem Märchen von Astrid Lindgren beginnt schwermütig. Bertil hat es nicht leicht. Seine Eltern arbeiten in der Fabrik, der Sechsjährige ist viel allein zu Hause. Seine Schwester Märta ist vor einiger Zeit verstorben. Bertil ist traurig, verkriecht sich im Bett. In dieser Trostlosigkeit tritt Nils Karlsson-Däumling in sein Leben, der unter Bertils Bett in einer Mini-Wohnung hinter einem Mauseloch wohnt. Bertil wird schon bald mit dem Zauberspruch "Killevips", der ihn auch zum Däumling verkleinert, Nils in sein Reich folgen.
War Ines Müller-Braunschweig, die auf einem Hocker in der Mitte der Bühne sitzt, gerade noch leibhaftig mit blauer Kappe Bertil, zaubert sie nun neben Nils auch Bertil als kleine Figur aus der Jacke hervor und beginnt ein facettenreiches Spiel auf der aufgeklappten Miniaturbühne vor sich. Bertil und Nils richten die von der Maus gegen Käse gemietete Wohnung ein: Nils bekommt erst Streichhölzer, um den Ofen anzufeuern, später neben Essen auch Bett, Teppich und Stuhl aus Märtas Puppenhaus.
In dieser "kleinen" Welt entwickelt Ines Müller-Braunschweig vom Stuttgarter Zikade-Theater die Geschichte einer großen Freundschaft. Die zuschauenden Kinder hängen ihr am Mund, folgen fast eine Stunde fasziniert dem Treiben. Nils und Bertil erleben manches Abenteuer, baden in einer Marmeladenschale, bringen Farbe und Sinn in ihr Leben. (mwm)