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Knete lebt!

erschienen am 21.10.2019 von Cord Beintmann bei StZN

Sie sieht es an. Sie fasst es an. Sie riecht daran, und sie drückt drauf. „Es“, das ist eine geheimnisvolle Kugel in Fußballgröße, die neben Anne-Kathrin Klatt auf dem Boden der Fitz-Bühne liegt, wo jetzt die Premiere von Klatts Figurentheaterstück „Wolkengucken“ zu sehen war. Vierzig Minuten lang setzt sich die Figurentheaterspielerin mit der Kugel auseinander, und das gerät in jedem Augenblick aufregend, für Kinder von vier bis sieben Jahren wie für Erwachsene.

Die Zuschauer staunen still

Wie das? Klatt lässt die Kugel nicht in Ruhe, sondern macht alles Mögliche mit ihr. Zunächst verformt sie beherzt das ihr ganz unbekannte Ding zu einem Fladen, dann zu einem Quader, einem Stiefel, einer Bohrmaschine. Das funktioniert sehr gut, denn jenes Ding besteht aus Knetmasse. Man kann sie durchwalken und verformen, abgetrennte Teile lassen sich wieder ankleben. Sechs farbige Knete-Klötze in Spülschwammgröße klebt Klatt an die Ex-Kugel, so dass ein Gesicht entsteht. Überhaupt, alle möglichen Gestalten formt sie in Windeseile und setzt sie auf ein rundes Tischchen, zum Beispiel einen Säugling oder Tiere.

Bisweilen scheint die Knetmasse lebendig zu werden, ja aggressiv. Zu erleben ist der Zauber der Verwandlung, den Anne-Kathrin Klatt vollführt, in einem perfekten Timing (Regie und Licht: Joachim Fleischer). Prägnante musikalische Klänge, etwa Blasmusik oder ein Song, verstärken prägnant das Bühnengeschehen. Vorgeführt wird die Beziehung des Menschen zur Welt der Objekte, seine Fähigkeit, die Dinge zu verändern und zu bearbeiten. Mehr noch, zu sehen ist auch, was Kunst ausmachen kann, nämlich aus toter Materie etwas zu gestalten, das wie ein lebendiges Wesen wirkt. In den ersten Minuten sind die Kinder ganz still, staunen, und dann lachen sie vergnügt bis zum Schluss. Das extrem reduzierte und zugleich hoch spannende Bühnengeschehen mit Frau, Tisch und wandelbarer Knetmasse funktioniert fulminant.

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