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Pseudophilosophisches in der Wohnküche

[ein aber so heftiger Verriss]

erschienen am 19.04.2014 von Arnim Bauer bei Ludwigsburger Kreiszeitung

Theaterstücke können beim Besucher die unterschiedlichsten Eindrücke hinterlassen. Man kann beschwingt aus dem Saal gehen, man kann nachdenklich sein, zufrieden, berührt - oder was auch immer. Es gibt aber leider auch die Abende, die nichts als schlechte Laune hinterlassen. Ein sehr treffendes Beispiel für diese unerfreuliche Art des Theaters ist das Stück „Lichtung", der mehrfach geförderten Stuttgarter freien Theatergruppe „O-Team", das als Gastspiel im Fitz gezeigt wird.

Vielversprechend die Ankündigung: Man bezieht sich auf den Philosophen Martin Heidegger und avisiert ein „Geräuschtheater von und mit Martin Heidegger". Und der hat einmal auf die Frage, wie mit den Herausforderungen durch die moderne Technik umzugehen sei, gesagt: „Nur noch ein Gott kann uns retten." Angekündigt wird dem Zuschauer eine musikbasierte Performance für zwei Menschen und eine Maschine: die Suche zweier Darsteller nach unserem Dasein zwischen Natur und Technik.

So weit, so gut. Aber was bekommt der Besucher vorgesetzt? Vergessen wir mal alle Ankündigungen, nehmen Platz im bequemen Stuhl des Fitz. Ein Mensch auf der Bühne in der Kulisse einer nicht schönen, aber funktionalen Wohnküche. Und dann langes Schweigen, es passiert so gut wie nichts. Im Laufe des langen Wartens verdoppeln sich die Menschen auf der Bühne, wohnen vor sich hin, werkeln herum, lesen, kochen Kaffee. Man kann die Spannung kaum aushalten. Geräusche kommen auf, dringen ins Ohr, ins Bewusstsein, mal musikalisch, mal rhythmisch. Die beiden Menschen auf der dunklen Bühne beginnen zu suchen. Ist was kaputt?

Ach ja, kurze Übertitel werden auch eingeblendet. Die erhellen aber an sich das Treiben oder Nichttreiben auf der Bühne kaum. Beschleunigen wir das Ganze in der Erzählung etwas: Die beiden Figuren, immer noch im Halbdunkel, beginnen, die Küche zu demolieren, heim-werkern dilettantisch herum. Im Programmheft steht etwas vom Kultfilm „Koyaanisqatsi", den die beiden nachspielen sollen.

Wie bitte? Und wer kennt diesen Film überhaupt? Der Vollständigkeit halber: Er ist der erste Teil der Qatsi-Trilogie von Godfrey Reggio, der sich mit dem Eingriff des Menschen in die Natur und generell zivilisationskritisch mit der menschlichen Lebensweise beschäftigt. Der Film erschien 1982.

Die Geräusche werden unterdessen immer stärker, der Tinnitus lässt grüßen, das Chaos auf der Bühne vermehrt sich ebenfalls, schließlich stinkt es auch noch bestialisch zum infernalischen Lärm - aber man langweilt sich immer mehr.

Was hat das eigentlich mit Figurentheater zu tun? Hier hatte jemand eine Idee, die für ihn als Regisseur oder Mitspieler vielleicht ganz reizvoll war, aber ein Publikum damit zu behelligen, ist einfach ein starkes Stück. Und wenn dann am Ende noch pseudophilosophisches Zeug geschwatzt wird, völlig aus dem Zusammenhang gerissen, reißt endgültig der Geduldsfaden des Zuschauers, der sich fragt, warum er diesen Abend aushalten musste.

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