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Schnupperpraktikanten

erschienen am 17.05.2017 von Cord Beintmann bei Stuttgarter Nachrichten

Werden Düfte gegenüber Bildern und Klängen unterschätzt? Es scheint so. Im Figurentheater Fitz jedenfalls ist jetzt „Die Duftsammlerin“ zu sehen, ein Stück von Sabine Zieser für Kinder von sechs bis zehn Jahren, in dem fünfzig Minuten lang nur von Düften die Rede ist. Suzan Smadi spielt eine Frau, die ihre Großmutter als große Duftsammlerin preist. Auf der Bühne stehen ein Regal mit Gewürzen, eine Bank und ein riesiger Koffer. Was er enthält, erfahren die Zuschauer erst gegen Ende des Stücks. Erst einmal preist Tishina, die Enkelin, diverse Gewürze, die auch mal durchs Publikum gereicht werden. So darf man zum Beispiel ein bisschen an Zitronenmelisse schnuppern. Oder Tishina sprüht ihre Zuschauer kurz mit Rosenwasser ein, was ein kleiner Junge mit „O, lecker!“ kommentiert.

Suzan Smadi spielt beide, Enkelin und Großmutter, und die Verwandlung gelingt vorzüglich, da reicht der Wechsel der Enkelin von ihrer eigenen Stimme zur heiseren der Großmutter oder ein Kopftuch. Klänge und auf eine Stoffbahn projizierte Bilder schaffen eine dichte Atmosphäre. Das Stück (Regie: Anetta Dick) bietet aufregende Passagen, etwa als Tishina das Meer riecht und sofort zur Piratin wird, die ein Schiff befehligt. Traumhaft poetisches Materialtheater glückt, wenn zwei farbige Kugeln, die für Atem und Duft stehen, sich auf den Weg zu einem menschlichen Herz machen. Und die Großmutter formuliert geradezu philosophische Sätze: „Wenn du etwas wirklich wissen willst, steck deine Nase hinein und rieche.“ Es ist übrigens fast nur von angenehmen Düften die Rede, nur Dieselöl und Misthaufen erwähnt Tishina, die auch einmal meint, dass man sich Düften nicht entziehen könne.

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