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"Liquid Skin" - Figurentheater mit Frank Söhnle
Nur zu Beginn fallen bei dieser Aufführung einige Worte: Fragen nach den Träumen von Vögeln, gestellt von dem Schauspieler Georg Peetz als Hauch von Poesie aus dem Off. Danach sprechen nur noch verstörend schöne Bewegungs- und Klanggemälde vom Werden und Vergehen.
VON HORST LOHR
"Liquid Skin" heißt die Koproduktion im Kammertheater zwischen dem Figuren theater Tübingen, geleitet von Frank Soehnle, und der australischen Gruppe Igne ous, bestehend aus dem Tänzer James Cun ningham und der Videokünstlerin Suzon Fuks. Sie hat das Projekt nach einer Erzählung von Per Olov Enquist als Gesamtkunstwerk aus Figurenspiel, Tanz, Videosequenzen, Licht und Musik inszeniert.
Bereits das erste Bild fasziniert: Aus einem Tuchhügel ragt ein nackter Arm, den eine unsichtbare Macht an einem dünnen Seil nach oben zieht, bis der ganze Körper zum Vorschein kommt - ein Mensch im haut engen gelben Body (Kostüme: Vania Oliveira) entschwebt der Retorte. Es ist der Tänzer James Cunningham.
Geschmeidig gleitet er amphibiengleich durch das knöcheltief auf der Bühne stehende Wasser. Mit seinem nach einem Unfall gelähmten linken Arm, den er mit dem rechten in Bewegung setzt, wirkt er ebenso fremdartig wie die komisch-verspielten fischähnlichen Kobolde oder fressgierigen Monster, die ihn elegant umkreisen und vergeblich versuchen, mit ihm zu verschmelzen oder ihn zu verschlingen. Es sind einarmige ätherische Fantasiewesen mit Totenköpfen und schlauchartigen Skeletten aus hoch flexiblem Plexiglas, mit denen der Figurenspieler Frank Soehnle (er entwarf auch die Bühne) als allmächtiger Schöpfer hinter schwarzer Maske den Körper des Tänzers verlängert, bis der Mensch sich beim Pas de deux der Manipulation wie die durchsichtigen Kunstwesen in eine Marionette verwandelt und an Strippen gezogen zum Kung- Fu-Kämpfer wird. Dabei entstehen vom Wasser effektvoll reflektierte, streng choreografierte Bilder aus Spiel und Tanz zwischen Düsternis und Sonnenhelle (Lichtdesign: Karin Ersching). Begleitet werden sie von Suzon Fuks' kunstvollen schwarz weißen Videoinstallationen: Impressionen zerfließender Zeit und sich auflösender Gesichter.
Eingebettet ist das Geschehen in die kongeniale Musik des belgischen Komponisten Bobvanderbob. In seiner raffinierten Klangcollage fing er den Sound unserer Zeit ein: Straßengeräusche, das Piepen von Computern und medizinischen High-Tech-Apparaten, dazu das Grollen stampfender Bässe als Ausdruck der Monotonie. Dazwischen klingt Stimmengebrabbel durch - ein Rest ohnmächtigen Protests gegen Fremdbestimmung.