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Unglücklich wirkt sie nicht

Im Fitz sind zwei Kurzstücke von Iris Meinhardt zu sehen

erschienen am 24.09.07 von bei Stuttgarter Nachrichten

Die Frau und ihr Körper als verführbares und sich selbst entfremdetes Opfer des Zeitgeistes: Mit diesem Thema spielt Iris Meinhardt in ihren beiden Kurzstücken, die am Freitag im Fitz Premiere hatten in poetischer und absurder Absicht.

Pulsierende Musikfragmente; Eine riesige Stoffblase, die atmet, hüpft, sich in den Bann eines Lichtkegels schleicht. Ein Zucken, aus der schützenden Blase steigt eine Frau. Aufgerissene Augen, barfüßig, zunächst verharrend, dann in immer eleganteren Wellen- und Kreiselbewegungen die Blase als Reifrock präsentierend. Mit einem frivolen Griff in die vordere Rocköffnung zaubert Iris Meinhardt Accessoires wie Perücke, oberarmlange Handschuhe und Schminkdose hervor. Vom Lichtspiel eines Projektors sichtbar gemacht, entfalten Finger und Hände unter dem „Hoppelrock" (niederländisch für Krinoline) ein wonniges Eigenleben. Die Frau, ein natürliches, sinnliches Geschöpf. Doch der Griff in die Schminkdose endet im Fiasko: Ein in neugieriger Absicht auf getragener Schönheitsfleck mehrt sich und malt unschöne Stellen aufs Gesicht. Aber die Haute Couture in ihrer suggestiven Verführung verwandelt auch ein hässliches Entlein in einen schönen Schwan. Aus schwarzen Flecken entstehen per Lichtprojektion zauberhafte Spitzendekore auf dem Körper der Frau, die erfolgreich verführt, ein kokettes Spiel mit ihrer wandelbaren Robe entfaltet. Unglücklich wirkt sie dabei nicht.

In „Sich Beine machen", nach „Hoppelrock" das zweite Kurzstück des Abends von Iris Meinhardt, Thorsten Meinhardt (Musik), Lisa Seidel (Choreografie), Nils' Bennett (Bühne) und Michael Krauss (Regie und Technik), wird die Bühne zum experimentellen Labor. Der weibliche Körper, filmisch in Teile zerlegt und auf drei Monitore projiziert, mutiert, zum Ersatzteillager für ein vorgegebenes Schönheitsideal.
Iris Meinhardt in einem schäbigen Fräckchen, oft in stereotype Bewegungen fixiert, signalisiert, hinter dem größten der drei Monitore stehend, totale Fremdbestimmung. Die Bewegungen ihrer oberen Körperhälfte passen sich dem Schrittmaß der auf ;dem Monitor vorgegebenen Beine an. Graziös vollendet sie die Pirouette einer Ballerina, mechanistisch fügt sie den uniformierten Stechschritt eines Aufmarschkommandos zum Ganzen. Das hat nicht nur künstlerische, das hat auch politische Dimension.

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