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Antonia Christl. „Blumen Clips“ / GbR Christl, Mannes, Wilde & Vogel 2020

16. März 2021

TakeCareResidenzen Antonia Christl

Antonia Christl, Dramaturgin und Regisseurin, Berlin

Lyrik und Figurenspiel - eine Recherche

Die Recherche 'Lyrik und Figurenspiel' wird sich mit den theatralen Möglichkeiten befassen, die sich aus der Auseinandersetzung mit lyrischen Texten für eine Adaption durch Figurentheater erschließen lassen.


11.02.2021

Wie geht es deinem Projekt mit dir?

Es scheint vollauf beschäftigt. Es schleppt Berge von Texten heran. Es führt mich tief in die  Mikrostrukturen der Gedichte. Dabei zergliedern wir – mein  Projekt und ich – sie in Klangstrukturen, Bildfolgen, Bewegungen, Zeichen, Metaphern und Metonymie. Immer leicht auf die Bühne schielend.

Was hat dich in den ersten vier Wochen am meisten überrascht?

Zwei Dinge haben mich überrascht. Zum einen, wie extrem sich die Arbeit mit lyrischen Texten von  der Arbeit mit Prosa und dramatischen Texten unterscheidet, zum andern die Vielsprachlichkeit.  Dass ein Nebeneinander von Ursprungstext und Übersetzungen (Französisch, Englisch, Deutsch) im Hinblick auf die Umsetzung in einer Figurenspielszene eine polyphone Struktur eröffnet. Original und Übertragungen schließen sich nicht aus oder konkurrieren, sondern interagieren wunderbar.

Kannst du etwas beschreiben/zeichnen/fotografieren, das du in zweite Hälfte deiner Residenz mitnehmen würdest? Warum gerade diese?

Was ich mitnehme? Alle Überlegungen, die sich in der ersten Hälfte der Residenz angesammelt haben. In der zweiten Hälfte der Residenz möchte ich diese Überlegungen mit den ersten Erfahrungen konfrontieren, die ich mit der Adaptation von Lyrik sammeln konnte, um Ähnlichkeiten, Schnittpunkte und Überlagerungen herauszuarbeiten.

Damit ich so meinen Blick in den Bühnenraum richten kann: Figur, Animation, Musik, Stimme und Spieler, wie interagieren sie? Wie lassen sich die gefundenen Analogien zu lyrischen Strukturen weiterdenken? Können Elemente wiedererkannt oder müssen sie transformiert werden?


8.3.2021 Resumee

Die Residenz im Zeitraum 01.01.2021 - 28.02.2021 umfasste vier Projektphasen: Lektüre; Analyse und Kontextualisierung; Konzeption; Beginn der Erstellung eines Audio-Konvoluts.

Die Recherche begann mit einer extensiven Lektüre, um Texte zu sichten und auf eine mögliche Adaption für eine intermediale Auseinandersetzung durch Spieler – Figur – Text – Musik hin zu untersuchen. Fortgeführt wurde sie in einer vertiefenden, intensiven Lektüre.

Es folgte die Analyse der Mikrostrukturen exemplarischer Gedichte, sowie die Frage nach den möglichen theatralen Transformationen einzelner Elemente und der Öffnung polyphoner Strukturen. Viele Analogien lyrischer Strukturen waren zu beobachten: Relationen von Bildgebendem und Bildempfangendem, Substitution durch Ähnlichkeitsbeziehungen, Katachresen, Synästhesien, metonymische Relationen, Anthropomorphismen und rhythmische Strukturen der Vernetzung.

Anschließend begann die Untersuchung des Textes in der performativen Konstellation Spieler – Figur – Text – Musik. Ausgehend von der Dualität von Phonem und Graphem kann er visuell als Schriftzeichen in Erscheinung treten oder auditiv, als Stimme des physisch Anwesenden bzw. durch Textaufnahmen als Präsenz des Abwesenden.

Ein Korpus 2020 entstandener Tonaufnahmen wurde auf die Beschaffenheit hin untersucht, die sich durch fragmenthafte Offenheit und die Überschreitung der rein deklamatorischen Qualität für eine theatrale Interaktion eignen.

Anschließend begann die Vorbereitung für noch zu realisierende Aufnahmen, perspektivisch ausgerichtet auf die Erstellung eines Konvoluts für eine figurentheatrale Bearbeitung. Es entstand eine Selektion spezifisch für eine Gruppe von Sprecherinnen ausgewählter Gedichte. Es wurden weitere Fragen zur Medialität der Stimmaufnahme aufgeworfen und die Entwicklung multipler Perspektiven aus einem Werkkomplex aufgezeigt.

Zum einen war überraschend, wie extrem sich die Arbeit mit lyrischen Texten von der Arbeit mit Prosa und dramatischen Texten unterscheidet. Zum andern die Vielsprachlichkeit: dass ein Nebeneinander von Ursprungstext und Übersetzungen (Französisch, Englisch, Deutsch) im Hinblick auf die mögliche Umsetzung in einer Figurenspielszene polyphone Strukturen eröffnet.

Ausblick:

Basierend auf den gesammelten Erfahrungen und dem entworfenen Konvolut kann im Rahmen eines Folgeprojekts das skizzierte Konvolut von Tonaufnahmen realisiert werden.