Rafi Martin, Performer und Figurenspieler, Berlin/Stuttgart
Blocken und hart Schlagen
Diese Recherche und Residenz bietet eine Forschung und einen Austausch zu den Themen: Gender / Kampfsportarten / zeitgenössisches Figurentheater. Es soll ein symbolischer Forschungsraum sein, über die Kunst Schläge zu geben und Schläge empfangen zu können, ein Ort für die Poetik des Muskel- und körperlichen Widerstandes, eine Forschung von einer Utopie - geschlechtsspezifisch intrakorporal.
1. Wie geht es deinem Projekt mit dir?
Dieses Projekt macht mir gerade sehr viel Freude und bringt mir Kraft, Energie, Lust und künstlerischen Austausch. Nach einer intensiven Produktionssession habe ich das Vergnügen, über Partner*innen aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz zu verfügen, die mich unterstützen und begleiten, um eine Produktion aus diesem Projekt zu machen.
Das Team baut sich jetzt langsam auf. Ich möchte mit zwei professionellen Boxerinnen und einer Figurentheatermacherin arbeiten - an der Schnittstelle von Tanz, Kampfkunst und Figurentheater.
Dafür habe ich mich mit Kristianne Salcines in Verbindung gesetzt. Sie trägt ein Black Belt in Kung Fu, ist Choreographin und leitet ein Martial Dance Training in Berlin.
Raum ist ein wichtiger Aspekt dieser Residenz und ich habe mich mit Cerise Guyon getroffen. Sie ist Bühnenbildnerin in Frankreich und wir diskutieren über die Möglichkeiten einen Raum nicht als bloße Bewegungsfläche, sondern als Spielpartner verstehen: ein Ring wie ein Haus, in dem man verschwinden darf, sich emanzipieren, träumen, die Gedanken frei lassen darf, aber auch ein Ort des Widerstands und des Muskelwillens. Dabei sind wir durch historische Literatur über Kampfsport im Austausch.
2. Was hat dich in den ersten vier Wochen am meisten überrascht?
Was mich in den ersten vier Wochen am meisten überrascht hat, ist auf jeden Fall, was passiert, wenn man sich trifft – real. Einen Grund zu haben, um Menschen zu treffen, ist gerade ein unglaubliches Privileg. Nach so viele Wochen arbeiten als Solo-Selbstständiger – mein Laptop und ich – habe ich wieder die Gefühle entdeckt, die Kollaboration, Ideentransfer, Verständnis und das Teilen von wichtigen Ideen hervorrufen. Das macht ganz viel, wenn man mit Kolleg*innen arbeiten will, aber es so schwierig ist sich zu treffen. Real life ist the best.
3. Kannst du etwas beschreiben/zeichnen/fotografieren, das du in zweite Hälfte deiner Residenz mitnehmen würdest? Warum gerade dieses?
In der zweiten Hälfte der Residenz möchte ich die zwei Boxerinnen einladen, sowie den Figurentheatermensch und konkret mit ihren Körpern experimentieren. Einen Dialog anfangen, wo die Stimme des Krafttrainings und der Energie sich unterschiedlich hörbar macht. Daher würde ich Wasser mitnehmen. Da wir versuchen werden zu schwitzen, brauchen wir etwas, um die Körper zu chargieren. Ich würde auch gerne ausprobieren, was sich verändert, wenn man im ruhigen Zustand, oder nach 20 Minuten Intensivtraining, oder mitten in einem Kampf Wasser trinkt. Ich glaube das Wasser kann bei einer Recherche, um Muskeln und dem Versuch einen Boxring zu choreographieren helfen.
22.03.21 Abschlussbericht
Ziel dieser Untersuchung war es, die Überlegungen einer Philosophie der Gewalt anhand des Werkes der französischen Philosophin Elsa Dorlin Se défendre, une philosophie de la violence szenisch zu reflektieren. Ausgegangen wurde von sozialisierten und/oder als weiblich wahrgenommenen Körpern, die sich in der Tatsache des Gebens und Empfangens von Schlägen professionalisiert haben - Profiboxerinnen -. Diese Untersuchung überprüft die Annahme, dass die auffällige Weiblichkeit für die Gesellschaft notwendig ist, weil sie den Vorzug hat kämpfende Körper zu zeigen die trainieren um zu kämpfen, und wo das Empfangen und Geben von Schlägen eine ganz andere Bedeutung hat als die der Gewalt gegen Frauen*. Es war sehr anregend, diese Forschung zu nutzen um auf der Bühne visuell auszuprobieren, sich Gedanken zu machen über welche Körper.