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Gerechtigkeit ist nur ein Wort

Im Fitz: Figurentheater September zeigt Michael Kohlhaas

erschienen am 05.12.2007 von Horst Lohr bei Stuttgarter Nachrichten

Was tun, wenn einem die Mächtigen das Recht vorenthalten, das man auf seiner Seite weiß? Der Dichter Kleist lässt seinen Michael Kohlhaas über dieser Frage vom braven Familienvater zum blindwütigen Terroristen werden.

Martin Bachmann vom Figurentheater September aus Mühlheini hat gemeinsam mit Regisseurin Jutta Schubert eine Textfassung entwickelt. Bachmann erzählt und spielt die Tragödie eines Mannes, dem bis zum Tod durch den Strang die Fassungslosigkeit darüber ins Gesicht geschrieben steht, dass Gerechtigkeit nur ein leeres Wort sein soll.

Ein schlichtes Holzgerüst (Ausstattung: Cecile Legrand) markiert die kindlichnaive Welt des Kohlhaas: Sie ist gradlinig und offen für Willkürakte der Herrschenden. Die Aufführung gefällt mit ebenso schlichten wie dichten Bildern von der Ohnmacht eines Menschen. Mit Jörg Bachs kunstvollen stählernen Figuren und Objekten der Deformation holt Martin Bachmann Situationen und Spiel orte von Kleists Erzählung auf die Bühne.

Ein riesiges zerknautschtes Hufeisen symbolisiert das Ausmaß der Kränkung, die

Kohlhaas erlebt, wenn ein Gericht seine Schadenersatzklage gegen den Burgvogt abweist, der unrechtmäßig zwei seiner edlen Pferde beschlagnahmt und beinahe hat verhungern lassen. Eine kleine Eisenfigur lässt als hingebungsvolle Ehefrau des Rosshändlers sanft Glöckchen der Liebe klingen. Und verwandelt sich später in ein christliches Kreuz, hinter dem sich mit scheinheiligem Geläut eine von einem Gourmand namens Martin Luther vertretene Kirche und ihre Erbarmungslosigkeit verstecken.

Besonders eindringlich führt der Spieler vor, wie Kohlhaas und seine Anhänger brandschatzend und mordend Recht in Unrecht verwandeln: Das Holzgerüst wird zum Schlagzeug, auf dem Martin Bachmann den vielschichtigen Rhythmus der Gewalt trommelt.

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