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Götterkinder und Holzköpfe

erschienen am 17.10.2017 von Petra Mostbacher-Dix bei StZ

Ein Stück ist ein Stück ist ein Stück . . . oder viele. Auf mehreren Ebenen spielt „Puppen machen: Lärm“ vom Ensemble Materialtheater, das die Spielzeit des Zentrums für Figurentheater eröffnete. Lassen doch die Distanz zu den Geschichten in den Geschichten und schwarzer Humor die Dinge oft klarer sehen. So beginnt die Neubearbeitung der Parabel „Lärm“ des Autors und Regisseurs Alberto García Sánchez in einem Bus, in dem Fahrgäste – alle uniform beige gekleidet – über Regeln diskutieren.

Zum bunten Theater wird alles durch eine mitreisende Künstlerin: Sie erzählt von Zeus und Europa. Der griechische Obergott zeugt mit der sexy Strandnixe fix die Tochter Annabelle und den Sohn Archibald, vermacht ihnen ein Theater auf Erden. Ihre Götterkids indes präferieren verschiedene Gesellschaftsordnungen. Während der poetische Archibald von einer besseren Welt mit Freiheit und Mitsprache träumt, versucht Annabelle ihre radikale Sicht durchzusetzen – mit strippenziehenden Schicksalsschwestern. Doch die böhmischen Stabmarionetten, die sturen „Holzköppe“, machen gern mal, was sie wollen. Das sind nur einige Details, die zeigen, wie raffiniert, fein ironisch García Sánchez den Kampf um Weltanschauungen und Europas Seele einfädelt, in dem Profit und Humankapital gegen Solidarität und Menschlichkeit stehen. Das leidenschaftliche Spiel, bei dem Puppen und Menschen eins zu werden scheinen, kommt ohne Moralin aus. Und weil so einige Lacher im Hals stecken bleiben, werden die Macht der Worte und Gesten, kurz der Zustand der Welt, umso deutlicher.

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