„An alle, die weiße Turnschuhe tragen und sie mit Schmutzradierern bearbeiten“ – „An alle . . .“ – „An alle . . .“ – man kennt das. Es ist die Sprache einer Werbung, die die Menschen packt, beim Selbstbild, das sie sich schufen, anhand ihrer Konsumgewohnheiten. Im Fitz, bei einem Gastspiel der freien Gruppe TARTproduktion, begegnen die Zuschauer nun drei Figuren, die aus nichts anderem zu bestehen scheinen: Gefangen in einer Hölle der digitalisierten Gesellschaft joggen sie, springen sie, jubeln und strahlen sie, sinken sie in sich zusammen.

„Stage Identities“ heißt das Stück, der erste Teil einer Reihe mit dem Titel „Social Disease“. Aida Olaru, Sara Adina Scheer und Folkert Dücker stehen auf einer Bühne, die Wüste ist: Silhouetten von Kakteen in der Ferne. Um die Spieler liegen, in großer Zahl auf dem Boden verteilt, dunkle, rechteckige Elemente, die man schnell als Smartphones identifiziert. Es gehört zu den offenkundigen Pflichten der Spieler, gelegentlich ein solches Element aufzunehmen, am ausgestreckten Arm emporzuhalten und in Ekstase zu verfallen. Dann wieder liegen die Akteure lethargisch am Boden, stützen sich auf umgekehrte Stühle, nippeln an Wasserflaschen, und klagen: Sport, Sex, Drogen, übermäßiges Essen – alles schon durch. Was ist das Leben?

Die Identitäten sind fließend, sind Farce. Aida Olaru lehnt häufig an der Wand und gibt sich träumerisch: „Mit zwölf hab ich einen Heiratsantrag gekriegt, für meine Augen.“ Sara Adina Scheer schlüpft in die Rolle eines zwielichtigen Online-Verführers, der versucht, seine Gesprächspartnerin („Meine Gina – darf ich dich so nennen?“) auf eine Jacht im Mittelmeer zu locken.

Laura Oppenhäuser schrieb die Texte, Bernhard Eusterschulte führte Regie. „Stage Identities“ liefert Bewegung, Sinnlosigkeit, tolle Wortspiele, dazwischen ausgestellte Langeweile, und wendet sich, tatsächlich, an alle, die wissen, was gespielt wird. Zuletzt verfällt Folkert Dücker auf folgende Idee: Mit sichtlicher Anstrengung betätigt er den Hebel, sprengt die Szene in die Luft. Und es ward dunkel.