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Schattenseiten des Lichts

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Schattenseiten des LichtsCompagnie Mossoux-Bonté aus Brüssel mit "Light" bei der Festwoche des Figurentheaters im Stuttgarter Fitz
Von Petra Bail Stuttgart - Es ist unheimlich, wie die Schatten zu monströser Größe wachsen, vor allem, wenn man die zierliche Person vor Augen hat, die die Angst einflößenden Bilder an der meterhohen Wand verursacht. Die Tänzerin und Choreographin Nicole Mossoux ist die geniale Mystikerin, die harmlose Lichtspuren mittels ihres Körpers in dunkle Schattenmuster verwandelt. Mit der Produktion "Light" hat die belgische Compagnie Nicole Moussoux-Patrick Bonté die 16. Internationale Festwoche des Figurentheaters im Stuttgarter Fitz eröffnet.

Durch monotones Bassdröhnen wird das beklemmende Gefühl noch verstärkt, das die grotesken Schattenbilder hervorruft. Collagen aus Musikfragmenten, teilweise rückwärts abgespielt, sticheln die gereizten Nerven, die beim Anblick der bedrohlich wirkenden Figuren an der Wand aufs Äußerste angespannt sind. In dynamischen Bewegungsmustern entstehen raumhohe Schattenwesen, die sich bedrohlich der Tänzerin bemächtigen - und doch sind sie nur von ihren Körperteilen, von Armen und Beinen hervorgerufen. Hände greifen als grausige Ungeheuer an, Knie und Oberschenkel huschen als spinnenartige Gestalten im XXL-Format über die Wand, um im nächsten Moment laut krächzend als Riesenvögel davon zu flattern. Nicole Mossoux und ihr Partner, der Autor und Regisseur Patrick Bonté, setzen auf die Schattenseiten des Lichts, erzeugen finsteres Unbehagen, das sie in kleinen, komischen Szenen wohltuend auflösen. So entsteht eine äußerst reizvolle Wechselwirkung von Anspannung und Erleichterung.

Maskenhafte Fratze

Mit einer Taschenlampe beleuchtet die Tänzerin ihr stets weiß geschminktes Gesicht, das schlagartig zur maskenhaften Fratze mutiert. Auch von unten angestrahlte Gliedmaßen wirken eher verstörend in ihrer bloßgestellten Nacktheit. Da blinkt ein beleuchteter Oberkörper grell aus der schützenden Dunkelheit, wird ein Arm im expressiven Grotesktanz zur sich windenden Schlange. In dieser Produktion hebeln die Belgier die Begrifflichkeit von Figurentheater noch weiter aus als bei "Twin Houses", dem vorherigen Stück, mit dem sie zu Gast im Fitz waren. War Mossoux da noch mit einer Puppe verschmolzen, die direkt aus ihrer Schulter zu wachsen schien, braucht sie für das fantasievolle Vexierspiel von Licht und Schatten gar keine Figuren mehr. Sie verschmilzt oder ringt mit den aufblitzenden Fantasiegebilden, die sie hervorgerufen hat. Auch Tücher, Röcke und Pullover erzeugen verblüffende Effekte, wenn sie entsprechend ins Licht gesetzt werden. Die Belgier verwischen die Grenzen zwischen Ausdruckstanz und Figurentheater auf so effektvolle Weise, dass man nichts vermisst und nach einer Stunde immer noch begierig die Schatten verfolgen möchte.

Die Festwoche dauert bis 2. April. Heute und morgen steht das Kinderstück (ab vier Jahren) "Was macht das Rot am Donnerstag?" mit Tristans Kompagnons aus Nürnberg auf dem Programm. Beginn ist um 10 Uhr. Morgen, 20.30 Uhr, zeigt Richard Bradshaw sein Stück "Bradshaw's Shadows". Karten unter 0711/24 15 41.

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