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Starke Körpersprache

„Mandragora“ im Figurentheater Stuttgart

erschienen am 28.04.2021 von Nicole Golombek bei StZN

Stuttgart - Ein gekräuseltes Gewirr aus Tarnfarben. Es knattert und knistert. Etwas schält sich heraus, ein Arm, ein Bein, ein Wesen krümmt sich, zittert und zuckt, bäumt sich auf. An den Händen hängt etwas Pflanzenartiges. Eine Mandragora? Eine Mandragora ist eine giftige Heil- und Ritualpflanze.

Wegen ihrer besonderen Wurzelform, die der menschlichen Gestalt ähnelt, wurden ihr früher magische Eigenschaften zugeschrieben. Jedenfalls: Die Figur, die sich da aus dem Gewölk bildet, wird verkörpert von dem Figurenspieler Jan Jedenak in der Produktion „Mandragora“, einer Koproduktion vom Figurentheater Fitz in Stuttgart, der Studiobühne Köln und dem Stuttgarter Kunstverein Wagenhalle.

Inszeniert wurde sie von Al Seed, einem Experten für Physical Theatre, also Geschichten vor allem nonverbal über den Körper zu erzählen. Wegen der Pandemie findet sie nur als Livestream statt, was schon deshalb schade ist, weil man schon gern mit eigenen Augen das körperlich fordernde Stück gesehen hätte.

Schmerzvolles Menschwerden

Jedenak und Seed thematisieren Diskriminierung, Zurückweisung von Homosexuellen, die als Nicht-der-Norm-entsprechend abgewertet werden, weiten das Thema aber allgemein aufs Menschwerden aus: wie Verletzungen einen ins Mark treffen, wie man versucht, sich frei zu machen von Zurückweisungen.

Zu Beginn unsicher wird der Figurenspieler körperlich immer lockerer, befreit sich seine Figur, bis zum Tanz an der Stange zu technoartigen Beats. An zwei Stangen arbeitet er sich empor in die Luft, als wolle er endlich die Schwerkraft überwinden, und wenn schon nicht fliegen, so doch sich von oben eine Übersicht verschaffen.

Mal baumelt Jedenaks Figur kopfunter, zieht ein Etwas aus dem Boden, hängt in der Luft in einer embryonalen Haltung. Der Körper gerät in Bewegung – gerichtet?, gerettet? – mit offenem Ausgang. Eine eindrucksvolle Performance.

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