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Am Ende ist der Mensch der Esel

erschienen am 18.04.2016 von Arnim Bauer bei Ludwigsburger Kreiszeitung

Die Premiere von Hartmut Liebschs „Solo mit Esel“ im Figurentheater Fitz wird für alle Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben. Das liegt vor allem daran, dass der in Kochertürn bei Heilbronn lebende Figurenspieler mit seinem neuen Stück einen zauberhaften Abend präsentiert, der die Reihe seiner zahlreichen Erfolge toppen wird. Ein wunderbar sanftes und doch hoch bissiges Stück zum Thema Altern, Verarmung, Ausgrenzung und Liebe. Ein Stück, das sich an das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten anlehnt. Hund, Katze und Hahn erzählen ihre Geschichte. Versammelt haben sie sich bei einem Theaterspieler, der sich ihnen unter der Maske des Esels nähert. Jeder erzählt von seinem Schicksal, jeder hat die vage Hoffnung auf ein besseres Leben, auf ein wenig Liebe. Wenn die Tiere, die als meisterhaft gestaltete, lebensnah anrührende Handpuppen auftreten, einmal schlafen, nimmt der Mann den Eselskopf ab und diktiert Briefe. An seinen Vermieter, dem er die Miete schuldet, an seine Mutter, der er berichtet, dass es ihm gutgeht, an eine Behörde mit der Bitte um Projektförderung für sein Vorhaben, mit den Tieren so etwas wie die Stadtmusikantengeschichte aufzuziehen. Aber das Geld kommt nicht, die Miete ist nicht zu bezahlen. Der Mann ist ausgegrenzt wie schon seine Tiere, die man ersäufen, erschießen oder in der Suppe essen wollte. Der Esel akzeptiert seine Rolle, schreit laut „iah“.

Das alles ist eine wunderbare Geschichte, eine subtile Abrechnung mit der Unmenschlichkeit unserer Zeit. Liebschs Klasse zeigt sich auch bei der zweiten Denkwürdigkeit des Abends: Zweimal fiel der Strom aus. Er aber über- spielte das locker, schaffte es auch, die Spannung zu halten, bis die Technik den Schaden beheben konnte. Eine klasse Premiere, die Gyula Molnar hervorragend inszeniert hat.

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