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Dämonischer Kafka-Erzähler

Weltliteratur als Kinderspiel: «Thalias Kompagnons« in Nürnberg

erschienen am 20.02.2009 von Steffen Radlmaier bei Nürnberger Nachrichten

Franz Kafkas Romanfragment «Das Schloss« als Puppentheater: Auf die radikale Bearbeitung von «Thalias Kompagnons« reagierte das Premierenpublikum im Festsaal des Nürnberger Künstlerhauses mit starkem Beifall.

«Es war spätabends, als K. ankam. Das Dorf lag in tiefem Schnee. Vom Schlossberg war nichts zu sehen, Nebel und Finsternis umgaben ihn, auch nicht der schwächste Lichtschein deutete das große Schloss an.« Mit diesen Worten beginnt Kafkas letzter Roman. Tristan Vogt, eingezwängt in einen altmodischen Anzug, ist nicht nur der damönische Erzähler der mysteriösen Geschichte, sondern auch der Puppenspieler mit der multiplen Persönlichkeit. Wie ein großes Kind spielt er am Küchentisch mit den grobgeschnitzten Holzfiguren ein virtuoses, zum Teil urkomisches Rollenspiel mit tieferer Bedeutung.

Waghalsiges Unternehmen

Zusammen mit seinem Kompagnon Joachim Torbahn (Ausstattung und Regie) hat sich Vogt – nach den «Zwergen« von Kusz, Wagners «Ring« und Mozarts «Zauberflöte« – erneut ein waghalsiges Unternehmen aufgebürdet: Die Verwandlung von erhabener Weltliteratur in komische Kleinkunst. Die Kompagnons nehmen ihre literarische Vorlage ernst und versuchen, ein gleichermaßen sinnliches und sinnvolles Kafka-Konzentrat aus dem sperrigen Text herzustellen.

Das gelingt ihnen auch in den ersten zwei Dritteln ausgezeichnet. Für den Puppenspieler und Sprecher Tristan Vogt, der alle Rollen im fliegenden Wechsel alleine bewältigt, wird «Das Schloss« zum bewundernswerten künstlerischen Kraftakt. Wenn man ihm dabei zusieht, wie er die Holzfiguren spielerisch zum Leben erweckt, kann man in etwa erahnen, welch höllischen Spaß Kafka beim Schreiben der Geschichte haben musste.

Abweisende Dorfbewohner

Allerdings besteht das Grundproblem darin, aus Kafkas Kunstprosa dramatische Funken zu schlagen. Die Handlung ist ja eigentlich zweitrangig. K.’s vergeblicher Versuch, eine Anstellung als Landvermesser zu bekommen und zum Schlossherren vorzudringen, hat vor allem Symbolwert. Kafkas Kompagnons konzentrieren sich auf die Dialoge K.’s mit den skurrilen, abweisenden Dorfbewohnern. K. ist als einzige der Holzfiguren unbemalt, die Tristan Vogt mit gespielter Rücksichtslosigkeit über den Tisch schiebt oder beiseite pfeffert. Nach und nach stapeln sich die Requisiten auf dem Fußboden wie Spielzeug in einem Kinderzimmer.

Herrliche Szenen

Es gibt herrliche Szenen, etwa die zwischen Bürokratiebett und Aktengebirge, doch gegen Ende zerfransen die Episoden und die Sinnsuche zieht sich in die Länge. Insgesamt ein ebenso reizvolles wie kurioses Kafka-Experiment, das leider nicht ganz aufgeht. Aber «Das Schloss« ist ja auch im Original ein Fragment geblieben.

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