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Der gefährlichste Ort kann auch der sicherste sein

Anne-Kathrin Klatt mit Der Tigerprinz im Figurentheater

erschienen am 01.02.2011 von Brigitte Jähnigen bei Stuttgarter Nachrichten

Huah! Die Schattentigerin packt den Puppenwinzling mit dem Maul. Elektronisch verstärkte Trommelschläge künden vom nahenden Unheil. Haarscharf können die kleinen und großen Zuschauer die spitzen Zähne als Schattenriss auf dem Bühnenvorhang sehen. Und was tut der nur handgroße kleine Prinz mit dem traditionellen Haarknollen auf dem Kopf? Er sagt „Hai- loho" und „Toll sind deine Krallen". Unbefangen, neugierig, angstfrei erkundet der Kleine das Riesentier.

Sphärische Klänge, Auf-und Abschwellen des Tigerfauchens und die wechselnde Mimik von Anne-Kathrin Klatt lassen keinen Zweifel zu - die Tigerin schwankt zwischen Rachegefühlen und Zuneigung zum Menschenkind. Denn Menschen waren es, die ihr eigenes Kind töteten.

Und jetzt ist der kleine Prinz in ihrer Gewalt. Doch eine Wahrheit der an Alltagsweisheiten reichen Inszenierung von „Der Tigerprinz" im Figurentheater Fitz heißt: Manchmal ist der gefährlichste Ort auch der sicherste. Es ist ein Wunderwerk, was Anne-Kathrin Klatt als Figurenspielerin, Tänzerin, Schauspielerin und Ausstattungsmeisterin vollbringt, um das gleichnamige Bilderbuch von Chen Jianghong zum Leben zu erwecken. Unter ihrem roten Seidengewand verbirgt sich das schwarz-gelbe Kostüm der Tigerin - blitzschnell wechselt sie Rollen und Geschlechter. Sie führt winzige Schattenrissfiguren wie Schweine und Soldaten, Panzer und Wasserträger an feinen Stäben, erzählt im asiatisch animierten Singsang diese Geschichte, in der aus Feindschaft Freundschaft wird.

Sie arrangiert durch am Körper versteckte Holzklappern, das Zusammenschlagen von Becken und dem wunderbaren goldfarbenen Gong über dem Bühnenvorhang asiatische Stimmung im Fitz. Regie in dieser Pekingoper im Taschenformat führrt Michael Miensopust, die verzaubernden Musikcollagen hat Christian Dähn zusammengestellt.

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