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Der Hund von Baskerville in Strickoptik

Puppenspiel 'Ach, Wald' im Fitz ist ein Kriminalstück voller Abgründe.

erschienen am 30.09.2013 von Adrienne Braun bei Stuttgarter Zeitung

Sir Henry ist der letzte seiner Art. Es könnte aber gut sein, dass auch sein letztes Stündchen bald geschlagen hat - und ihm eine wilde Bestie mit glühenden Augen und raschem Biss die Kehle zerfetzen wird. Keine schönen Aussichten für Sir Henry Baskerville - deshalb sucht er Abhilfe: Sherlock Holmes muss her. Wenn einer diesen Mordfall lösen kann, dann der Meisterdetektiv. Im Fitz treibt der Hund von Baskerville sein Unwesen - aber der Titel der neuen Produktion 'Ach, Wald' lässt schon vermuten, dass es um mehr als eine Nacherzählung des legendären Kriminalromans geht. Stefanie Oberhoff und Christoph Bochdansky dient die Vorlage als Anlass, über Ängste und Abgründe zu sinnieren, über Tierisches und Triebhaftes.

Oberhoff und Bochdansky treten selbst auf - als Nymphe und Faun in einem unheimlichen Wald, im den es zirpt und kreischt, fiept und wehklagt. Das Besondere daran: Der Wald ist hier aus Wolle gestrickt, gehäkelt, gesponnen - und schon das Material mutet eigenwillig an, ist biegsam, verschlungen, faserig. Die Blüten einer Häkelpflanze entpuppen sich als Schalter für die Soundanlage, während aus Wollsäckchen in Kelchform immer neue Figuren auftauchen. Denn im Kern ist 'Ach, Wald' klassisches Puppentheater - mit kleinen, ausdrucksstarken Figürchen, die die beiden selbstironisch animieren.

Marcel Keller hat den skurrilen Krimi inszeniert und mixt dabei poetische Passagen mit handfester Biologie, Grusel mit mythischer Vergangenheit. Hier wird lyrisch fabuliert, dort doziert über die mörderische Sandwespe, die ihre Opfer lähmt. Aber 'Ach, Wald' will eben nicht stromlinienförmiges, glattes Erzähltheater bieten, sondern bewahrt sich einen Hauch des Provisorischen und kindlich Verspielten - mit wackligen Spielflächen und Puppenspielertricks, die man sofort durchschaut. So mag 'Ach, Wald' nicht immer ganz verständlich sein, ist aber durchaus sympathisch und kurzweilig.
Vorstellungen am 2. und 3. Oktober

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