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Die Suche nach dem richtigen Augenblick

erschienen am 03.06.2017 von Petra Mosbacher-Dix bei StN

Der eine Mann blickt auf seine Knie, der andere analysiert seine Nägel. Die eine Frau lehnt mit geschlossenen Augen an der Wand, die andere auf dem Boden über ihren gestreckten Beinen. Vier Leute, eine Bühne und – nichts. Scheinbar. In den Zuschauerreihen knackt und lacht es. Wer hält sie länger aus, die Stille der Nicht-Aktion? Dies ist einer von vielen starken Momenten von Juliette Villemins Inszenierung von „Synchronicity“, das am Donnerstag im Figurentheater Fitz Premiere hatte.

In ihrer Tanz-Musik-Performance beschäftigt sich die Choreografin mit dem „richtigen Augenblick“. Bühnengeschehen ist flüchtig, im Moment existent. Der Titel Synchronizität stammt vom analytischen Psychologen Carl Gustav Jung, beschreibt gleichzeitig oder zeitnah stattfindende Ereignisse, die kausal nicht verbunden sind, aber so erlebt werden. Villemin erforscht dabei vor allem das innere und äußere Empfinden der Zeit, deren Aufhebung sowie die „Zeitlichkeit“ bei Steve Reich und Franz Schubert.

Werke dieser Komponisten erklingen dann auch, außerdem „Synchronicity I“ von The Police und Improvisationen des Perkussionisten Benedikt Immerz und der Geigerin Ulrike Stortz. Zu ihren Rhythmen steigen Marina Grün und Hygin Delimat in den Tanzkampf ein, reagieren aufeinander, animieren sich zu Kicks, Drehungen und artistischen Hebungen. Doch Villemin macht auch Licht, Klang und Video zu Protagonisten, designt von Alexander Joseph und Nadja Weber: Mal schwingt eine Glühbirne allein minutenlang über die Bühne, mal spiegeln Videosequenzen die Performance. Einen Spiegel bekommen auch die Zuschauer. Kaum haben sie mit Immerz „Jesus loves you more than you will know“ gesungen, erscheint auf der Leinwand ein Stadion: Fußballanhänger grölen die Melodie als Fangesang. Das sitzt!

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