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Ein geräuschvoller Untergang

Odin: Premiere für eine Koproduktion im Magdeburger Puppentheater

erschienen am 13.12.2005 von Liane Bornholdt bei Magdeburger Volksstimme

Susanne Olbrich und Stephanie Rinke ließen die Götterwelt der Äsen und ihrer Feinde lebendig werden. Unterstützt vom» Geräuschekünstler JMax Bauer wurden die Zuschauer bei der Premiere von „Odin" im Magdeburger Puppentheater Zeugen vom Werden und Vergehen der Welt.

Magdeburg. Die Welt, die der Göttervater Odin und seine Brüder Vili und Ve aus dem erschlagenen Riesen Ymir formten, ist eine Scheibe. Am Rande leben die Riesen in Jötunheim, in Midgard leben die Menschen. Im Zentrum aber liegt Asgard, wo die Götter, die Asen, leben. In der Mitte steht die Weltenesche Yggdrasil, in deren Wurzeln die Nornen die Schicksalsfäden weben.

Die Weltschöpfung nach der Edda wird nachgespielt in einer Bastelwerkstatt, wird sichtbar auf dem Tisch, vor allem aber hörbar.

Und das nicht nur durch die Erzählung der beiden Spielerinnen, sondern vor allem durch die drastischen Geräusche, die keinen Zweifel daran lassen, das aus Riesenknochen Felsen entstehen, dass sich sein Blut zum Weltenmeer ergießt und dass seine Hirnschale ein Blecheimer ist, der die Himmelskuppel wird. Die Urelemente Feuer und Wasser vereinen sich als der glühende Tauchsieder mit großem Zischen in die Glasschale eintaucht.

Aber erst als die Schwestern Naht und Dag ihre Wagen bekommen haben und durch die Kuppel sich immer verfolgen und niemals treffen, als also die Zeit entstanden ist, taucht Odin auf.

Er sucht, die Welt zu verstehen und zu lenken, erlernt die Weisheit von Mime und trifft auf den Widerpart Loki.

Die Götter, Riesen, Trolle und Zauberinnen sind zwar wunderschöne Hand-Puppen., die, wie auch die Bühne von Marita Bachmeier und Christian Werdin erfunden wurden, sie benehmen sich aber sehr menschlich. Das heißt, dass sie sie sich streiten, dass sie Eitelkeiten frönen und vor allem nach Macht streben. Klug werden sie freilich auch durch Schaden nicht. Kein Wunder, denn die Geburt der Vernunft ist eine ziemlich eklige Sache. Dem Schleimgeschöpf möchte man lieber nicht zu nahe kommen.

Dies alles steht so auch in der Edda, aber im Spiel wird die gewalttätige Geschichte; ganz in der Tradition der mittelalterlichen Sänger, mit einigem Humor erzählt. Da verbergen sich Odins Kriegerinnen schon mal unter neuzeitlichen Plastikhelmen, die Walküren sammeln die gefallenen Helden wie Kieselsteine ins Eimerchen, und die Nornen flüstern ihr Wissen unter knalligen Sonnenbrillen verborgen.

Es entsteht eine Welt, die immer ungemütlich bleibt, und Odins Versuche, sie zu beherrschen, sie zu ordnen und einigermaßen wohnlich zu gestalten, sind zum Scheitern verurteilt. Einzige Hoffnung ist Baldur, die Lichtgestalt. Der aber ist ein ängstliches Muttersöhnchen und wird durch einen unbotmäßigen Mistelzweig getötet.

Das Ende der Asen ist abzusehen und lässt sich auch nicht dadurch aufhalten, dass sich Odin heftig wehrt, als er einfach weggesperrt wird unter die Klappe des Tisches in der Bastelwerkstatt. Man könnte Mitleid haben mit diesen Götter, denn sie sind im virtuosen Spiel, im Licht-, Farben- und Tönezauber (Die Musikauswahl besorgte schön passend und mit vielen witzigen Anspielungen Tobias Dutschke.) sehr lebendig und wunderbar präsent gewesen, so dass man ihnen eigentlich einen zweiten Versuch gönnen möchte.

Aber das Unheil könnte auch zu groß werden, wenn man sie noch einmal losließe. Aber wer weiß, denn nach dem großen Crash in der Weltenwerkstatt sind, so hört man, doch noch zwei Menschen übrig geblieben.

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