'Marinas Fluch' im Fitz.
erschienen am 12.03.2005 von Horst Lohr bei Stuttgarter Nachrichten
Als Kopie Marilyn Monroes hockt die Frau mit ihrem wasserstoffblonden Haar und dem blütenweißen langen Kleid auf einem mit Sand bedeckten Geviert und formt aus den rieselnden Körnern die Gliedmaßen eines Körpers. Plötzlich beginnt der sich zu bewegen -Marina, Tochter des polnischen Fürsten Mnischek, hat sich den Mann geschaffen, der sie zur Zarin machen soll.
Es ist eines der vielen betörenden Bilder der Uraufführung einer komplexen theatralischen Untersuchung von Schillers "Demetrius", durchgeführt von der Stuttgarter Compagnie Vanessa Valk. Von der Figurenspielerin gesprochene Originaltöne aus dem Dramenfragment und Off-Kommentare skizzieren den Weg des angeblichen Zarensohnes Demetrius auf den russischen Thron. Als betrogener Betrüger lässt er sich vom Ehrgeiz seiner Verlobten Marina zur Macht und damit auf direktem Weg ins Verbrechen treiben. Regisseur Andrej Kritenko setzt auf ein Gesamtkunstwerk aus Darstellung, Vanessa Valks Spiel mit Puppen und Masken, der Musik von Isabel und Stefan Charisius sowie der in den Bühnensand gezauberten Video-Animationen von Volker Gebhard und Stefan Mellman.
Faszinierend ist das Liebesspiel zwischen dem Demetrius des russischen Schauspielers Boris Iwuschin und Vanessa Valks Marina: Er schmachtet in ihrem Schoß nach Liebe, sie umgarnt ihn mit der zielgerichtet kichernden Naivität des Blondchens. Eine kühl kalkulierende, Zeit und Raum überwindende Ikone der Verführung.