“Der Hobbit” vom Figurentheater Wilde & Vogel, Stuttgart, und Florian Feisel, Berlin, in der Brotfabrik Bonn
erschienen am 1104537600 von Elisabeth Fibich bei double, Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater
“Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden..."
TolkiensTrilogie um den einen Ring ist spätestens seit der Verfilmung des Stoffes schon Zehnjährigen ein Begriff. Regisseur Peter Jackson brauchte Jahre, Millionen Dollar und eine Heerschar von Schauspielern und Technikern, um den “Herrn der Ringe" verfilmen zu können. Regisseurin Christiane Zanger brauchte nur die Puppenspieler Florian Feisel, Michael Vogel und die Musikerin Charlotte Wilde, um die Vorgeschichte des “Rings", nämlich die Abenteuer des kleinen Hobbit, zu erzählen. Und egal ob Kinoleinwand oder fast leere Bühne der Brotfabrik Bonn - die Faszination und die Begeisterung waren die gleichen.
Im “Hobbit" begegnen uns alte Bekannte: Eines Tages kommt der Zauberer Gandalf ins Auenland und ernennt den sehr widerstrebenden kleinen Hobbit Bilbo Beutlin, Onkel des später so berühmten Frodo, zum Meisterdieb. Der verdutzte Bilbo erfährt, dass er dreizehn Zwergen und deren KönigThorin Eichenschild helfen soll, einen Schatz wieder zu erlangen. Und zwar den Schatz, den der Drache Smaug einst geraubt hat und seither auf dem Schwarzen Berg bewacht. Bilbo zieht eher widerwillig und ängstlich mit seinen Gefährten los. Natürlich ist die Reise voller Abenteuer: Bilbo entrinnt Orks, findet den Ring, den Smeagol verloren hatte, erkämpft sich mit List den Ausgang aus dem Höhlenlabyrinth, besiegt nicht nur eine grässliche Spinne, sondern schließlich auch Smaug. Kurz: Es passiert alles, was dem Kinogänger bereits durch opulente Bilder und viel Aufwand aus dem Kino vertraut ist. So war es eine riskante Entscheidung des Figurentheater-Teams, sich dieses Stoffes anzunehmen. Es wählte den einzig richtigen Weg und setzte die eigene, unerschöpfliche Fantasie dagegen.
Auf der fast leeren Bühne befinden sich nur einige Stoffbahnen, ein Fass, ein Verfolgerscheinwerfer und zwei Steine. Der Rest entsteht aus der knorrigen Gestalt der Puppen, aus Licht, Musik und der Phantasie des Zuschauers. “Über ein Jahr haben wir an dem fast einen Meter großen Kopf des Drachens gearbeitet. Aber dann haben wir festgestellt, dass wir ihn gar nicht brauchen. Das dunkelrot glühende Auge hinter einem schwarzen Vorhang hat eine viel größere Wirkung." (Michael Vogel) Und auch 14 Zwerge sind eine Herausforderung - es sei denn, man beschränkt sich auf eine große Zipfelmütze mit Knollennase und krausem Bart, die vierzehn Mal in einer offenen Tonne - Bilbos Zuhause - vorn verschwindet und hinten flugs wieder erscheint. Wenn der durch den Ring unsichtbare Hobbit mit der riesigen Spinne kämpft, sieht der Zuschauer einen Lichtstrahl, der um die Bestie tanzt und sie schließlich besiegt. Und wo das Potential von nur zwei Puppenspielern nicht ausreicht, um etwa den mächtigen schwarzen Berg zu zeigen, helfen gekonntes Schattenspiel und die eindrucksvolle Musik von Charlotte Wilde.
Michael Vogel spielt die Hauptfigur, lässt die Puppe auf wunderbare Weise leben, zeigt sehr schön Bilbos Entwicklung, seinen Weg aus der Ängstlichkeit, der Furcht vor Neuem hin zu wachsendem Selbstbewusstsein. Florian Feisel, der für diese Produktion zum Stuttgarter Duo gestoßen ist, bereichert mit sehr wandlungsfähigen Darstellungen beispielsweise von Gandalf (Maske mit Tuch), den Zwergen, von Smeagol oder einem Ork (er selbst jeweils mit Maske) die Inszenierung.
Knüpfen Wilde & Vogel mit “Der Hobbit" an ihren Ausgangspunkt an? Wie bei “Exit. Eine Hamletfantasie" setzen sie auf urwüchsige, fast spukhafte Puppen, eine starke Geschichte und viel Phantasie. Das ist ihr Sieg über das Kino.