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Weib und Wanne

erschienen am von C. B. bei Stuttgarter Zeitung

In ihrer Wanne im Figurentheater Stuttgart schlägt Vanessa Valk gewaltige Wellen. Das schafft sie sehr gekonnt mittels einer effekt­voll beleuchteten Transparentfolie, die über die Wanne drapiert ist. Das Badewässerchen wird zum Ozean und Valk hinter der Folie zum wallenden Wasserweib, zur glitzernden Najade. Dann der komische Kontrast. Keine Folie mehr, grelle Ausleuchtung der Bühne. Zwei Beine ragen aus der Wanne. Auf einmal sind es vier Beine, die ein mal zärtliches, mal derbes Liebesspiel zeigen. Füße können ja so erotisch sein. Das Zusatzpaar allerdings ist bleicher als das echte, also künstlich. Zu sehen ist also beides: Zauber und Unheimlichkeit des Figurenspiels.

Ein Mann hat seine Geliebte verlassen, und die hat daraufhin "zwölf Stück in war­mem Wasser genommen". Und nun rekapitu­liert sie als ziemlich muntere Untote die verflossene Liebe. "Seule au bain" heißt die Diplominszenierung von Vanessa Valk, die sie jetzt im randvollen Fits gezeigt hat als Eröffnung des Festivals "Weibs-Bilder". Die Figuren stammen von ihr selbst, Regie führt Frank Soehnle.

Vanessa Valk spricht bisweilen. "Ich be­ginne mich aufzulösen." Doch das sieht man sowieso. Figurentheater spielen heißt vor allem: Bilder zeigen. Die Musik, aus dem Off und live von Stefan Charisius auf der afrikanischen Glasharfe gespielt, schafft es allerdings, das Figurentheater mit raffinierten Klängen zu verdichten. Der Exlover ist zum einen als lebensgroßer Puppenkopf mit ske­lettösen Fingern präsent und wird per Hand von der Geliebten geführt.

Weitaus eindrucksvoller allerdings agiert der eigentlich schmerzlich entbehrte Lieb­haber als kleines Marionettenteufelchen mit einem mächtigen Penis. Und das Pimmel-männchen klettert gar aufdringlich an Vanes­sa Valks grauem, engem Kleid hinauf. Präg­nant auch die Geliebte als mit Stäben ani­miertes Püpplein, ein Wesen mit dürren Beinchen ä la Giacometti, prallen Brüsten - und einem Totenkopfunter roten Haaren. Im Leben lauert der Tod.

Nicht alles gerät verständlich. Doch durch den Kopf einer Verlassenen jagen halt auch wirre Bilder. Von erotischer Abhängigkeit wird erzählt, von unerfüllten Wünschen und Einsamkeit. Am Schluss legt Vanessa Valk zwei künstliche Beine, zwei Arme und einen Gummikopf zu einer Gestalt zusam­men, und da gelingt ein schlagendes Bild der Dekomposition, der Auflösung.

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