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Vor der Uraufführung von "Liquid Skin" - Ein Gespräch mit Figurenspieler Frank Soehnle
Herr Soehnle, was bedeutet Ihnen die Einladung von "Liquid Skin" zum Festival "Theater der Welt"?
Das ist ein großartiges Gefühl. Als 1987 "Theater der Welt" zum ersten Mal in Stuttgart stattfand, studierte ich hier gerade an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Ich musste die letzten Pfennige zusammenkratzen, um möglichst viele Aufführungen sehen zu können. Und jetzt stehe ich selbst hier auf der Bühne. Und das sogar mit einer Uraufführung.
Was ist das Besondere bei "Liquid Skin"?
Ein Grundzug meiner Arbeit ist ja die Synthese von bildender und darstellender Kunst. Dabei versuche ich immer, visuelle Gedichte entstehen zu lassen. Bei "Liquid Skin" werden zum ersten Mal mit Videokunst und sogar Tanz arbeiten.
Wie kam es dazu?
Seit ich vor zwei Jahren die Videokünstlerin Suzon Fuks und den Tänzer James Cunningham in einer gemeinsamen Show in Australien gesehen habe, fasziniert mich, wie James seinen nach einem Motorradunfall gelähmten Arm beim Tanzen mit bestimmten Impulsen in Bewegung setzt. Er tut dabei das Gleiche, was ich mit meinen Figuren mache. Das ist der Hauptgrund, weshalb wir zusammen "Liquid Skin" entwickelt haben.
Sie tauchen in Ihren Produktionen oft in Fantasiereiche ab und lassen von dort Ko bolde und andere Zauberwesen auftauchen. Was interessiert Sie am jenseits unserer Rea lität Existierenden?
Tatsächlich sehe ich meine Figuren nicht in psychologisch nachvollziehbaren Rollen, sondern als abstrakte Wesen. Da sie anders materialisiert sind, bedeuten sie für mich etwas Übergeordnetes. Es sind Echos oder Visionen von Figuren.
In Ihren Arbeiten spielen oft auch das Morbide und der Tod eine Rolle. Was wollen Sie dabei entdecken?
Das ist einerseits eine ästhetische Vorliebe, andererseits suche ich beim Schaffen von Bildern immer auch nach meinen eigenen dunklen Seiten. Dabei grabe ich, ob ich will oder nicht, meine Dämonen aus.
Wie muss man sich diese vorstellen?
Die kann ich mit Worten gar nicht beschreiben. Aber es drängt mich wie auch viele bildende Künstler, sie kennen zu lernen. Deshalb forsche ich beim spielerischer Prozess ständig nach ihnen.
In ihren Stücken zeigt sich auch ein frecher Humor, der meist zwischen Tragik und Komili schwankt. Sind Sie ein philosophischer Clown?
(lacht) Mit der Bezeichnung könnte ich mich anfreunden, denn das Clowneske ist in der Tat Teil meines Wesens. Aber im Ernst: Viele Leute empfinden meine Arbeit nur als schwarz und düster. Das macht mich oft traurig.
Welche Bedeutung hat denn das tragische Moment bei Ihrer Art von Humor?
Eine große, denn was ich auf der Bühne zeige, nehme ich sehr ernst, und ich möchte nicht oberflächlich witzig sein. Aber ich versuche immer, diese merkwürdige Schwelle zu überschreiten, hinter der Tragik in Komik umschlägt und dabei das Groteske auftaucht.
Fragen von Horst Lohr