FITZ „Zirkus Sardam von Daniil Charms zeigt eine runde Welt.
erschienen am 02.04.2011 von Cord Beintmann bei Stuttgarter Zeitung
Auf der Bühne des Fitz liegen drei Stahlkugeln, die größte hat einen Durchmesser von vielleicht achtzig, die kleinste von vierzig Zentimetern. Kein Mensch ahnt, was mit diesen Kugeln in dem Stück „Zirkus Sardam" passieren wird. Nein, sie werden nicht einfach nur gerollt. Erst mal geht es ganz philosophisch los. „Ich habe versucht, einen Augenblick einzufangen, ihn aber nicht erwischt und stattdessen nur die Uhr zerschlagen", erzählt ein naiv wirkender Herr namens Vertunov (Florian Feisel) in einem geringelten Badekostüm vergangener Zeiten. Er versucht sich einem Zirkus anzudienen, obgleich er eigentlich nichts Manegentaugliches kann. Doch dann schleicht er sich doch in die Zirkusnummern ein und macht seine Sache gut.
Perfektes Frauenbein aus Kunststoff
Daniil Charms hat „Zirkus Sardam" für das Marionettentheater geschrieben. Absurd und grotesk ist die Welt von Charms, der als Gegner des Sowjetregimes 1942 mit 36 Jahren in einem Leningrader Gefängnis starb. Die stimmige Inszenierung von Hendrik Mannes zeigt veritables Figurentheater. Das heißt, dass wenig gesprochen wird. Stattdessen schlagen sich die drei Darsteller mit Dingen und Figuren herum. Natürlich sprechen diese Dinge mit ihrer bloßen Körperlichkeit. Absurd und erzählerisch zugleich ist das perfekte Frauenbein aus Kunststoff geraten, auf dem ein Totenkopf aus dem gleichen Material steckt, der auch noch singen kann (Figuren und Bühne: Antje Töpferund Florian Feisel).
Und das Rollen zweier Kugeln kann aufregend geraten. Man fasst es kaum, als Anna Fregin (gelenkig und von starker Austrahlung) durch ein Loch in die größte Kugel gleitet und vollständig in ihr verschwindet. Was sonst noch alles mit den Kugeln gemacht wird, sei hier nicht verraten. Ebenso, warum die Krokodilnummer ein grandioses Stück Theater ist, toll von Florian Feisel gespielt. Christoph Hamann gibt den Zirkusdirektor und macht vor allem prägnante und mitreißende Musik mit Akkordeon und Geige. Wundervoll ist die Szene, in der Hamann melancholisch singt, Feisel wie ein Verrückter dazu tanzt undFregin mit Stäben die zarten Bewegungen einer Puppe steuert.
Komische und vergnügliche Szenen
Natürlich kann man manches symbolisch zu deuten versuchen, etwa den Menschen in einer Kugel als den Eingesperrten oder den Weitabgewandten. Aber das muss man gar nicht. Es genügt, sich durch die komischen und vergnüglichen Szenen gleiten zu lassen. Ein Theaterabend, der großes Können dreier Darsteller bietet, die höchst raffiniert mit seltsamen Sachen ihre Spiele spielen.