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Wie viel Tier ist im Menschen?

erschienen am 21.05.2019 von Brigitte Jähnigen bei StZN

Anton ist tot. Der Hund, der als Baby in den Leib der Frau geschnitten wurde, um ihn wie ein Kind gebären zu können. Jetzt trauert die Frau. In einer Assoziationskette von Erinnerungen erlebt das Publikum die visuelle Wiederbelebung des Tiers, inklusive eines furiosen Finales nach 49 Tagen im tibetischen Zwischenreich von Diesseits und Jenseits.

Es ist eine aberwitzige, höchst amüsante Reise, die die Freiburger Figurenspielerin Vanessa Valk in ihrer Solo-Performance unternimmt. Gemeinsam mit dem Regisseur Frank Soehnle, der Videokünstlerin Tine Beutel, dem Musiker Johannes Frisch sowie fantastischen Figuren aus der Werkstatt von Vanessa Valk und Arne Bustorff werden reale Räume ins Surreale durchstoßen. Anton rennt als animierte Figur über eine Projektionsfläche, Anton bellt und schnuffelt als Fellpuppe im Arm der Spielerin, Anton kreist im Totentanz als Hundeskelett an Marionettenfäden gen Bühnenhimmel, Anton lebt nach seinem Tod in einer weißen Spitzenhülle, Anton war „Liebe auf den ersten Blick“.

Arme und Oberkörper auf einen Schreibtisch gebeugt, wird Vanessa Valk – im Businesskostüm und immer elegant in ihren Bewegungen – zu Anton. Sie klebt sich Haare ins Gesicht, hebt und senkt die Nase in Hundemanier, berichtet von Ereignissen der Zeitgeschichte, wechselt von der einen Welt (des Hundes) zu der anderen (des Menschen) und behauptet mit Blick ins Publikum: „Ich kann Ihre Gefühle riechen.“ Inspirieren ließ sich die Künstlerin durch den Filmessay „Heart of a Dog“ der US-Kollegin Laurie Anderson. Deren Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Hundes ist zugleich die Erinnerung an ihren verstorbenen Ehemann. Vanessa Valk erinnert an eine imaginäre Mutterfigur, die am Ende ihres Lebens mit den Tieren spricht. Wie viel Tier ist noch im Menschen, der zumindest in der Öffentlichkeit seine Animalität heftig verleugnet? Vanessa Valk sucht Antworten.

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